Ruth Linhart | Reisen | Fotos | Delhi | Agra | Jaipur | Jaisalmer | Jodhpur | Udaipur | Mumbai |
Rosen sind die Blumen der Moguln, indisch ist die LotusblüteReisenotizen aus Rajasthan - mit Delhi, Agra und MumbaiTeil 1 |
||||
Die zehn
Lebensregeln des Hinduismus:
|
||||
80 Prozent der indischen Bevölkerung sind Hindus. |
||||
1. Februar 2005, Dienstag, MoskauFlughafen Sheremetyevo. Ein Bursch aus Tirol fragte uns, wie sich der Transfer abspielt. "Ich kenne mich nicht aus." Die Transitpassagiere der Aeroflot nach Indien sind alle jung, insgesamt aber nicht mehr als sechs oder sieben Leute. Ältere Menschen fliegen wohl Nonstop mit der AUA oder mit der Lufthansa oder wenigstens mit den Emirate Airlines. Die Aeroflot bietet den weitaus billigsten Flug an. Was man während des Fluges aus dem Flugzeug
sah, war alles sehr weiß. Hans, der am Fenster saß, berichtete
über Berge und Wälder. Er erkannte die Hohe Tatra. Eine junge Blondine namens Andrea flog mit. Ein
koreanisch - oder, meint Hans, tibetanisch - aussehender junger Mann hat sie
heftig "angebraten". Sie tauschten ihre Vornamen aus. Er heißt
Simon. Was wird uns wohl in Delhi erwarten? 2. Februar 2005, Mittwoch, Delhi(Mehr zu Delhi: http://destination-asien.de/indien/delhi.htm).Ich habe hier das Gefühl, dauernd mit jemanden über
etwas, das ich nicht will, verhandeln zu müssen. Der Connaught Place ist
übrigens angeblich die beste Gegend Delhis. Und schaut total vergammelt
aus. Ich sollte schlagwortartig aufschreiben, was
heute war. Der Flug.
Bei der Ankunft in Delhi ging alles gut. Dank
Reiseführern wußte ich ungefähr, was auf uns wartet.
Passkontrolle, Koffer, Geldwechseln lief reibungslos und schnell ab. Der Beamte
der Wechselstelle goß gerade heißes Wasser über ein Teesackerl
und aß Chips. Es war zirka drei Uhr früh. Diese Fahrt zum Hotel durch das Dehli an der Grenze zwischen später Nacht und frühem Morgen war gespenstisch. Der beißende Teergeruch. Ein grauer Schleier in der Luft. Der Fahrer fuhr wie betrunken, immer rechts - obwohl in Indien links gefahren wird - oder auf zwei Fahrspuren zugleich. Ab und zu eine in Decken gehüllte Gestalt am Straßenrand. Schäbige Häuser. Ja, dann blieb der Fahrer unvermutet stehen, auf einem der niedrigen Gebäude glänzten vier Sterne - das Hotel Alka. Das war also schon der Connaught Circus! Das ökonomische und touristische Zentrum der Stadt? Der Fahrer fragte hier nach dem Hotel Alka Annexe. Dort wirkte alles noch trister. Zuerst öffnete niemand auf das Klopfen an der Glasfront, doch dann stürzte ein junger Mann mit Schal über Mund und Nase zur Tür und ließ uns hinein - Gott sei Dank!Das Hotel ist keinesfalls brandneu, wie im Reise Know-How-Führer "Rajasthan", Ausgabe 2005, beschrieben. Auch als "first class" würde ich es nicht einordnen. Es hat zwei Sterne und ist sauber. Das ist immerhin etwas. Aber es ist kalt in den Zimmern. Laut Reiseführer ist das Besondere an dem Hotel, dass es total mit AC - also Klimaanlage - versehen ist. Bei wenig Graden über Null nicht der dringendste Wunsch! Es war schon sechs Uhr, als ich in den Schlafsack schlüpfte - wegen des grauen Leintuchs, der braunen Decken und der Kälte. Kaum hatten wir uns hingelegt, begannen vor der Zimmertür Leute zu sprechen. Hans sagt, im Halbschlaf sei es ihm vorgekommen, als ob sie mühlviertlerisch gesprochen hätten. Um neun Uhr wieder auf. Ich lehnte übrigens das erste Zimmer ab. Der junge Mann holte einen anderen Schlüssel und führte uns einen Stock höher in ein schlechteres Zimmer. Ich wollte ein Fenster ins Freie. Aber auch das Fenster dieses Zimmers geht nur auf den Gang hinaus. Zum Glück, wie wir in der Zwischenzeit wissen, schaut das Fenster nicht auf den Connaught Circus. Da könnte man keine Minute schlafen - wegen Autolärms und Gehupe. "Was war für dich heute das Wichtigste?"
frage ich Hans. Während ich schreibe, beobachtet er die anderen Gäste
des United Coffeehouse. "Die Abspeisung des Bettlers mit zehn Rupien," sagt er.
Eine wichtige Erfahrung: Es ist besser, einem Bettler gleich eine kleine
Münze zu geben. Er entfernt sich dann. Gibt man ihm nichts, begleitet er
einen so lange, und zwar auf Tuchfühlung, bis man in die Tasche
greift. Ein weiteres Erlebnis war das Büro des
"Touristenfängers". Der Reiseagent will uns auch überreden, alles Bisherige zu stornieren, denn er habe in Jaisalmer ein hübsches Hotel auf Lager, mit dem Auto könnten wir Rajasthan viel billiger bereisen als mit dem Zug etc. Aber wir lehnen ab. Mit Mühe eisen wir uns los, nachdem wir im Vorhinein die 800 Rupien für morgen bezahlt haben. Vor meinen Augen steht ein gemütlicher
Spaziergang zurück zum Hotel. Eine Illusion! Wir werden bedrängt von
Taxichauffeuren, Bettlern, Leuten, die uns in ein Shopping Center führen
oder Schuhe putzen wollen oder fragen, woher wir sind, was wir wollen, wohin
wir fahren ... Dass wir keinen Schritt in Ruhe machen können, wurde uns
von Indienreisenden prophezeit, aber die Wirklichkeit ist ärger als die
Vorstellung. Wir haben auch keine Lust mehr, die Sternwarte, an der wir
vorbeigehen, zu besuchen. Wir flüchten nur vor diesen
Kletten. Um halb vier Uhr kam Alok Verma von Eco
Adventures. Er war trotz mehrmaliger Hinweise, dass wir im Alka Annexe wohnen,
doch zuerst beim Hotel Alka eingekehrt. Hans hat sich geduscht. In der Zwischenzeit sind wir nämlich ins Hotelzimmer zurückgekehrt. "Sehr wenig Wasser, und fast kalt", sagt er. Ich werde auf die Dusche verzichten. Nach dem Gespräch mit Alok Verma fuhren wir mit einer Autorikscha zum Lakshmi Narayan-Tempel. Es war schon halb fünf Uhr nachmittags. Am Eingang mussten wir zuerst durch eine Sicherheitssperre, dann die Schuhe ausziehen und den Fotoapparat abgeben.Der Lakshmi Narayan-Tempel wurde zwischen 1936 und 1939 erbaut. Mahatma Gandhi bestand darauf, dass auch Unberührbare hier beten dürfen. Etliche Ausländer, eine englische Gruppe in ärmellosen T-Shirts und Sandalen. Bunte Götterstatuen, Shiva und seine Gattin Parvati, Ganesha, aber am besten in Erinnerung ist mir der liebliche leuchtende Krishna. Der Aufpasser deutete uns, wir könnten ruhig näher kommen, weil wir uns schüchtern, weit entfernt von indischen Gläubigen, die ihr Anbetungszeremonial durchführten, aufhielten. Zum Tempel gehört ein großer Park mit exotischen Bäumen. Im Tempel Ruhe und Entspannung. Späte Sonne. Vor dem Tempel neuerlich der Kampf gegen Bettler und Verkäufer, unter anderem von Schachspielen und Elefanten aus angeblichem Sandelholz. Wir gingen ein weites Stück zu Fuß. Wenn man es schafft, von den Orten wegzukommen, wo sich Bettler, Händler und Taxler akkumulieren - Sehenswürdigkeiten, Hotels - , bleibt man entlang der breiten Verkehrsadern relativ unbehelligt. Alles ist unsäglich staubig. Rechts und links des tobenden Verkehrs viele kleine Geschäfte in niedrigen Häusern. Massen von Menschen und noch mehr Autos unterwegs. Gegen sechs Uhr. Schließlich warfen wir das Handtuch und kletterten fürs letzte Stück Weges in ein Tuktuk. Dann Flucht in die an Europa erinnernde Welt des United Coffeehouse. Als wir von dort ins Hotel zurückgehen, packen die Händler unter den Arkaden des Connaught Place gerade ihre Sachen zusammen. Unter den Arkaden sind viele, zum Teil wunderschöne Geschäfte. Außerhalb der Arkaden Elend und Schmutz. Dabei ist das eine der besten Gegenden Delhis. Wie schaut es in den schlechteren Gegenden aus? Auf "unserer" Seite des Connaught Circus ist alles schon dunkel. Rolläden zu. Gegen acht Uhr. Nur finstere Gestalten, ein Bettler mit ausgestreckter Hand. Ich bin froh, als wir in unser Hotel kommen, wenn auch das Zimmer kein Traumzimmer und das Bad kein Luxusbad ist. Hans hat sich schon zum Schlafen hingelegt. Kalt ist es hier. Auch er schläft im Schlafsack.
3. Februar 2005, Donnerstag, DelhiWieder im United Coffeehouse.Heute Aufstehen, Frühstück. Die Palette des Angebotenen ist breit. Hans aß eine Käseomelette, ich nur Toast mit Tee. Außer uns frühstückte ein indisches Ehepaar mit Mutter. Sie tranken große Gläser Milch und bestellten Chapati und Gemüse, soweit ich das wahrnehmen konnte. Unser Fahrer für die Stadtrundfahrt kam mit einer halben Stunde Verspätung. Wir wünschen uns als erste Station das Büro von Eco Adventures im noblen Stadtteil Chanakyapuri. Die Gegend dort heißt "Diplomatic Enclave". Wir erhalten das Zugticket nach Agra. Alok Verma verschafft uns ein besseres Hotel in Jaipur zu billigerem Preis und ein deluxe-Zimmer in Jodhpur, ebenfalls billiger, als ich es per Telefon von Wien aus erworben habe. Wir verbringen eineinhalb Stunden in dem winzigen Büro mit vielen Angestellten und PCs. Alok Verma gibt sein Bestes. 581 Dollars zahlten wir letztendlich für die Hotels in Jaipur und Jodhpur, den Transfer vom Flughafen Delhi, zwei Zugsfahrten, davon eine im Superexpress nach Agra und eine zwölfstündige im Schlafwagen nach Jaisalmer sowie die Autofahrt von dort nach Udaipur. Gemessen an den Ratschlägen im Reiseführer ist das sehr viel, aber ich bin beruhigt. Hans und mir fehlt die Energie, billigere Angebote einzuholen. Nun geht es zu den Stationen unserer Stadtrundfahrt: Humayun´s Mausoleum, India Gate, Jause bei Nirula´s, Raj Ghat mit Mahatma Ghandis Grabstätte und das Red Fort von außen, da man seit einem Bobenanschlag nicht mehr hinein darf sowie in der Ferne die Türme von Indiens größter Moschee, Jamia Masjid. Zurück zum Hotel. Spaziergang ins United Coffeehouse. Hans bekam um 250 Rupien (Wucherpreis!) die Schuhe geputzt. Eine Bettlerin kriegte von Hans einen Euro. Besondere Eindrücke: Ghandi-Gedenkstätte am Raj Ghat. Sehr schöne Stimmung. Großer Park Richtung Yamuna-Fluss, der ausgetrocknet sein soll. Hier alles grün, viele bunte Blumen, prächtige Dalien und Tulpen. Bei dem großen schwarzen Marmorblock, der Ghandis Grabstein ist, Berge von duftenden Tagetes, Räucherstäbchen, eine brennende Fackel, vielleicht brennt sie immer. Viele Leute, Frauen in bunten Gewändern, auch Ausländer und Ausländerinnen. Keine Bettler. Keine Autos. Nachmittagssonne, blauer Himmel. In der Ferne die Silhouette von Delhi. Im Park beobachten wir verschiedene Vögel und Streifenhörnchen. Gestern sahen wir beim Lakshmi Narayan-Tempel grüngelbe papageienartige Vögel. Heute sahen wir solche beim Grabmal des Humayun, das dessen Frau für ihn errichten ließ. Auch bei diesem wunderschönen Gebäude aus dem 16. Jahrhundert , dem "Prototyp der Mogul-Mausoleen", herrschte eine stille angenehme Atmosphäre, völlig im Gegensatz zu der bedrängenden Hektik vor der Eintrittskasse. Zu Gedenkstätten und Sehenswürdigkeiten haben Bettler und Händler keinen Zutritt. Das bedeutet nicht, dass man gar nicht belästigt wird. Mit der Eintrittskarte, die für Inder sehr billig ist, schwindeln sich auch Leute herein, die plötzlich ungefragt dicht an einen herangerückt mit leiser Stimme anfangen, Erklärungen abzugeben oder anbieten, Erinnerungsfotos zu machen, wofür sie sich dann nicht scheuen, einen beträchtlichen Obulus zu verlangen. Der Chauffeur, der uns fuhr, war ein symathischer Mann. Er bedrängte uns mit nichts, lenkte ruhig und fragte nur ab und zu etwas, zum Beispiel, ob wir Kinder hätten. Ich wollte ihn zurückfragen, traute mich aber nicht. Auch dieser Fahrer hatte vom Autofahren - das nehmen wir an - bzw. von den Abgasen einen brochitischen Husten. Er fragte uns, ob bei uns ebensoviel Verkehr sei. Nein, wirklich nicht! Nach Old Delhi wollte er nicht. "Zu viel Verkehr, zu enge Straßen, zu viele Leute." Wir drängten ihn nicht dorthin. Einerseits hätte ich die Atmosphäre des alten Delhi gerne erlebt, aber gegen Abend waren auch wir schon müde, und vor allem hatten wir einen Horror vor allzu großem Wirbel und bedrängendem Körperkontakt. In Delhi herrscht wirklich ein wahnsinniger Verkehr. Die PKWs, Motorräder, Auto-Rikschas und Fahrrad-Rikschas, die Busse, Lastautos und Fahrräder fahren kreuz und quer, es wird unaufhörlich gehupt und oft gebremst. Ich glaube, ich habe gelesen, dass es nirgends so rücksichtsvolle Fahrer gibt wie in Indien. Es ist schwer zu beschreiben, dieses sich auf wunderbare Weise immer wieder wie von selbst regelnde Chaos. Man sah auch viele Mopeds mit mehreren Leute darauf - eines mit vier Personen: der Fahrer, vor ihm ein kleines Mädchen, hinter ihm ein junges Mädchen, ganz hinten die Mutter (wahrscheinlich). Alle drei weiblichen Wesen waren in leuchtend bunte Saris gehüllt. Ein anderes "romantisches Bild" ist uns von der Malcha Marg in Erinnerung, dem Platz vor dem Büro von Eco Adventures: Eine Frau im orangeroten Sari trägt einen Turm Ziegeln auf dem Kopf - eine Bauarbeiterin mit der Haltung einer Königin. Hier im United Coffeehouse sitzen auf den weichen roten Polstern links zwei Herren, beide recht mollig, wohlhabend wirkend, elegant, Sikhs mit Turban auf dem Kopf. Auf der anderen Seite sitzen drei Herren. Sie reden nicht Englisch. Aber sie streuen oft englische Brocken ein.Das Büro von Eco Adventures war eng. Wandschirme waren aufgestellt. Eine Menge Leute, auch drei Frauen. Einmal ging die Tür einer engen Koje auf, heraus trat ein Herr im Anzug und Turban, wahrscheinlich der Chef. Wir sahen heute auch einen Sikh-Tempel mit goldener Kuppel und in der Ferne einen weißen Jain-Tempel. Den ganzen Tag Preisverhandlungen. Sie enden im für den Verkäufer günstigen Fall mit dessen Behauptung: "I be happy, you be happy." Der teure Schuhputzer sagte, dass er sehr berühmt sei. Er heißt Babu. Mit ihm handelte Hans nicht. Nach jedem Essen bringt der Kellner ein Tablett mit Fenchel und winzigen Stückchen Kandiszucker. Ich nehme an, das soll einen angenehmen Nachgeschmack erzeugen. 4. Februar 2005, Freitag, im Zug nach AgraDer Zug heißt Shatbadi-Express - ein indischer Prestige-Zug. Draußen ist es um halb sieben Uhr früh noch stockfinster. Wir sind vor zirka einer halben Stunde abgefahren.Das Innere des Zugs ist in Blau gehalten. Aus dem Lautsprecher bekommen wir auf Hindi und Englisch zahlreiche Informationen, die ich aber schlecht verstehe. Jetzt Musik. "Ein Morgen-Raga", sagt Hans. Wir erhielten bereits eine Zeitung, eine Flasche Wasser, ein Kännchen mit Tee und etwas zum Essen! Das alles um sicher nicht mehr als 20 Dollar (zu zweit). Inklusive natürlich die reservierte Fahrt. Am Bahnsteig hingen wirklich Listen mit Namen und Alter der Fahrgäste. Die meisten Angaben in der hier üblichen Schrift Devanagari, die Daten der "weißen Riesen" in lateinischen Buchstaben. Neben uns sitzt ein Chemiker. Ich habe seinen Platz. Hans und ich wurden nämlich von der Reservierung getrennt, wahrscheinlich aus moralischen Gründen - Geschlechtertrennung. Dass wir verheiratet sind, ist unseren verschiedenen Namen ja nicht zu entnehmen. Der Chemiker deutete uns höflich, dass ich natürlich sitzen bleiben könne. Dass er Chemiker ist, wissen wir, weil er Hans seine Visitenkarte gab und mit ihm ein Gespräch versuchte. Es war eigenartig, den Bahnhof von New
Delhi zu betreten. Ich bin doch schon viele Jahre in Indien "armchair"-Zug
gefahren, zum Beispiel mit Royston Ellis und seinem Ratgeber "India by Rail"
oder erst unlängst mit Anita Nair, die in ihrem Roman "Das Salz der drei
Mere" eine Zugsfahrt von Bangalore nach Kanyakumari schildert. Ich habe diese
Bücher gelesen und mir die indischen Bahnhöfe und Züge
vorgestellt. Und nun klettere ich vor der New Delhi Railway Station aus dem
Taxi und dieses virtuelle Abenteuer wird Wirklichkeit! Während ich
über die paar nicht sehr sauberen Stufen zur Abfahrtshalle hinaufsteige,
bin ich innerlich bewegter, als man in dieser wenig schönen Umgebung
erwarten würde. Unseren Wagon bevölkern schicke junge
Männer in Lederjacken, mit Laptop und Handy. Der Zug hält nur
zwei-dreimal bis zu seinem Ziel Bhopal. Bis dorthin braucht er acht
Stunden (Übrigens gibt es eine arge politische Zuspitzung in NEPAL. Der König hat am 1. Februar 2005 das Parlament ausgeschaltet und die Macht an sich gerissen. Die Opposition wurde unter Hausarrest gestellt oder ist untergetaucht.) Jetzt rast der Zug ..... Agra(Mehr zu Agra: http://en.wikipedia.org/wiki/Agra)Abends. Wir sind sehr mitgenommen von unserem Ausflug nach Fatehpur Sikri. Aber noch ein Wort zum Hotel Alka Annexe in
Delhi. Übrigens wollte man uns vier statt drei
Nächte verrechnen! Und außerdem behauptete der Mann an der
Rezeption, wir hätten das heutige Frühstück nicht bezahlt. Aber
wir haben die Rechnung aufgehoben. Nun zu Agra. Was ist heute alles passiert? Schade ist nur, dass durch das Zimmer von der Air Condition her ein allzu kühler Wind weht. Wir tranken Kaffee und spazierten im Garten. Endlich ein entspanntes Gefühl auf dieser Reise. Fatehpur Sikri Irgendwann mußte ich aufs Klo. Es gibt kein öffentliches WC, zumindest führte mich unser guide zu keinem. Sondern auf eine Abfallhalde. Das war wirklich unbeschreiblich. Leute gingen auf dem Trampelpfad quer durch den Mist an mir vorbei und schauten neugierig. Der Führer wartete mit dem Rücken zu mir gewendet, bis ich fertig war. Hans blieb innerhalb der Moschee, die letzendlich das einzige war, was wir sahen - an sich wunderbar, aber eben nur "an sich". Hans durfte nicht mit zu der Müllhalde, weil das Stück Stoff, das wir dem Heiligen von Fatehpur Sikri opfern sollten, nicht beschmutzt werden durfte. "Wollen Sie, dass Ihre Wünsche in Erfüllung gehen?" hatte der guide uns gefragt. "Natürlich", sagten wir arglos. "Dann kaufen Sie hier einen Stoff und opfern ihn im Marmormausoleum des Heiligen Shaikh Salim Chisti." Das ist derjenige, der Akhbar zu seinem Sohn verholfen hat. Es gab Stoffe um 100, 200 und mehr Rupien. "Welchen Sie kaufen wollen, das müssen Sie in Ihrem Herzen entscheiden!" Dieser Fremdenführer war unsympathisch. Er beschmierte uns ununterbrochen mit falschen Komplimenten und war gleichzeitig mehr als offensichtlich darauf aus, so viele Rupien aus uns herauszuquetschen wie möglich. Obwohl wir das mittlerweile geschlossene Mausoleum gar nicht unbedingt besuchen wollten, warteten wir, bis es wieder öffnete, da wir den Stoff opfern mussten. Ich durchschaute den Sinn dieses Stoffkaufs und dieser Opferung nicht, weder den religiösen Sinn noch den vordergründigen finanziellen. Denn erstens verstand ich das fragmentarische Englisch des Führers kaum, und zweitens war ich voll beschäftigt, all die Ansichtskarten, Ketten und anderen unnötigen Dinge abzuwehren, die wir nach Ansicht der Leute hier kaufen sollten. Während der Opferung des Stoffes kam ganz kurz ein bisschen echtes Gefühl auf. Die Fenster dieses Mausoleums wie Spitzengeflecht aus Marmor. Das Halbdunkel. Kerzen. Schimmernde Farben und Gold. Die Leute, die offensichtlich von Herzen ihre Stoffe übereinander breiteten und betende Gebärden machten. Unser guide, der uns hier hereingedrängt hatte, wo wir fehl am Platz waren, flüsterte uns zu: "Den Stoff mit der rechten Hand hinlegen." Die linke Hand ist ja schmutzig nach Ansicht der Inder, die sich mit Wasser und linker Hand den Hintern auswischen. Da wir so etwas nicht machen, hätte ich ruhig den Stoff in meiner linken Hand behalten können - ich bin nun einmal Linkshänderin! Bevor wir wussten wie uns geschah, waren wir jetzt bei Bekannten oder Verwandten des guides, die in Marmor Elefanten und anderes schnitzten. Es gab keine Widerrede, wir mussten ein, zwei solche Dinge kaufen, obwohl ich mich am Anfang der Reise absolut nicht mit Gegenständen aus Stein belasten wollte. Und die waren nicht billig. Ein winziger Kerzenleuchter kostete zehn Euro, nur zum Beispiel. Die eigentliche Palastanlage sahen wir gar nicht mehr bzw. nur von außen, denn wir brachen die Führung ab. Wir waren von Menschen eingezwängt, deren einziges Ziel es war, in großer Hektik so viel Cash wie möglich aus uns herauszupressen. Es gab keine Möglichkeit, all das Schöne in Ruhe anzusehen ...
Endlich zurück im Hotelzimmer. Und heute kein Schritt mehr hinaus. Essen werden wir wohl oder übel auch hier im Nobelrestaurant des Hauses. Der Fahrer fragte uns, als er uns hier ablieferte: "Were you content with my driving?"
5. Februar 2005, Samstag, AgraGestern nachts drang plötzlich Höllenlärm durch die Fenster. War das indische Schlagermusik? Eine Disko-Party? Das Ereignis entpuppte sich als Hochzeitszug mit Sängern, Bläsern, Trommeln, taghellen Lichtern. Hans vermutet, dass der erste beleuchtete Wagen ein Stromaggregat war. Am Ende der Prozession eine rotierende Lichterscheibe. Und aus der Lautsprecheranlage Lieder. Auf einem Foto, das Hans machte, ist bei Vergrößerung ein bunter Reiter auf einem weißen Pferd erspähbar. Das war sicher der Bräutigam, der mit seinen Freunden und Verwandten auf dem Weg zum Haus seiner Braut war.Der Zug blieb immer wieder stehen und spielte sein Musikprogramm ab. Dann marschierte er zwanzig Meter weiter. Hans, der mit seiner Kamera das Ganze vom Fenster aus dokumentierte, berichtete, dass eine riesige Papierlaterne angezündet wurde und diese brennend über das Hotel schwebte. Ich war nicht gerade beruhigt. Wir schliefen trotzdem gut. Das Rauschen und Hupen der Autos auf der Straße vor dem Hotel wirkte wie ein Wiegenlied. Die Buskarten nach Jaipur, die uns die Rezeption
besorgen will, sind noch nicht da. "Heute um zirka 15 Uhr. Wenn Sie
zurückkommen, sind sie da. No worry." Abends, im Restaurant des Taj View. Der Besuch kostete viel, 750 Rupien pro ausländischer Person und 50 Rupien für das Aufbewahren des "mobile", das man ebenso wie Lebensmittel und Waffen nicht mitnehmen durfte. Aber dafür war man fast ungestört von "offers", die verboten sind. Wir genossen den herrlichen Garten und das schöne schneeweiße Gebäude drei, vier Stunden lang. Dazu die bunte Kleidung der indischen Touristinnen. Wunderbar. Der Himmel war blau, erst am Nachmittag stieg Dunst auf, und später wurde es ganz grau, aber da waren wir nicht mehr dort. Am Eingang des Taj Mahal regte ich mich aber auf, als Soldatinnen mir meine Handtasche bis in den letzten Winkel durchstöberten. Frauen und Männer hatten sich getrennt zur Leibesvisitation anzustellen. "It is my duty", sagte die Frau zu mir. Man hat, wohl berechtigt, Angst vor Anschlägen. Als die weißen Kuppeln aus dem dunklen Torbogen des Eingangsgebäudes auftauchten, verschwand mein Zorn nachhaltig. Jetzt kommt die Suppe für Hans. Sie heißt Mulligatawny. Am Nachmittag waren wir im Agra Fort. "Während das Taj Mahal den Höhepunkt muslimischer Baukunst in Indien darstellt, repräsentiert das nur zwei Kilometer südlich in einer Biegung des Yamuna gelegene Fort wie kaum ein zweites Bauwerk die uneingeschränkte Machtfülle der Mogulherrscher im 16. und 17. Jahrhundert" (Reise Know How-Führer). Akhbar, "der bedeutendste aller Mogulherrscher" begann in der Mitte des 16. Jahrhunderts mit dem Bau des Forts. Shah Jahan, Enkel des Akhbar, vergrößerte den Luxus der Palastanlage noch ins heute Unvorstellbare. Sein Sohn Aurangzeb setzte ihn u.a. wegen seiner Verschwendungssucht ab und stellte ihn hier unter Hausarrest. So konnte er die acht Jahre bis zu seinem Tod das Taj Mahal nur mehr von den Terrassen und Türmen des Agra Fort aus betrachten. Zwischen dem Besuch des Taj Mahal und des Agra Fort Rast im Café und Garten des Hotels. Eine reizende Kellnerin im dunkelblauen Sari bemühte sich besonders um uns. Alle Mitglieder des Personals fragen in nicht sehr langen Abständen, ob man eh zufrieden sei. Gestern tauchte auch ein gewisser R... auf, der unser Zimmer betreut, und bat uns, vor der Abfahrt einen Fragebogen im Zimmer zu seinen Gunsten auszufüllen.In der Früh, als wir ins Taj wollten, wendeten wir uns zuerst in die schmale schmutzige Gasse gegenüber dem Hotel, die in direkter Linie dorthin führen muss. Kühe, Frauen mit Lasten auf dem Kopf, ein offener Kanal. Wir gingen keine zwanzig Meter, da riefen uns Leute nach: "Closed area, closed area...". Hans wäre weiter gegangen, mir war es unangenehm. Kaum wieder auf der Hauptstraße, klaubte uns ein weißhaariger Rikschamann auf, und der hing mit seinem Fahrrad wie eine Klette an uns - bis zum Abend. Bei der Fahrt mit der Fahrradrikscha erlebt man das ganze Chaos und die Luftverpestung noch unmittelbarer als mit dem Auto. Gerade bietet sich am Nachbartisch ein Zauberer und Astrologe an. Hier im Hotel wird unermüdlich für unsere Unterhaltung gesorgt. Ein Sitar-Spieler spielt im Hintergrund. Wir zahlten schon wieder viel zu viel - für ein marmornes Döschen mit eingelegten Edelsteinen, in der Art der Einlegearbeiten im Taj Mahal. Dass die 500 Rupien zu viel sind, haben wir gemerkt, als uns der Kollege des Verkäufers an der Kasse Geld herausgeben wollte, und der andere ihm deutete, dass es für uns kein Rückgeld gibt. Erstaunter Gesichtsausdruck. Der Rikscha-Opa verlangte 15 Rupien für die Fahrt zum Taj Mahal. Hans gab ihm 50 Rupien. Das war schlecht. Als er uns vom Agra Fort heimbrachte, wollte er 200! Dabei gingen wir teilweise zu Fuß, weil der alte Herr uns bergauf nicht befördern konnte. Er schleppte uns zu dem teuren Marmorgeschäft und wollte uns unbedingt in das Geschäft seines Onkels und in ein Kleidergeschäft bugsieren. Glücklicherweise begann es zu regnen, und wir nahmen einen abrupten Abschied. Er blieb mit tief unglücklichem Gesicht zurück. Die Buskarten waren übrigens nachmittags
wirklich an der Rezeption. Hundert Rupien kostet die zirka 300 Kilometer weite
Fahrt nach Jaipur pro Person. Zusätzlich zahlten wir zweihundert Rupien
fürs Besorgen. 6. Februar 2005, Sonntag, Im Autobus von Agra nach JaipurNoch zirka 160 Kilometer bis zu unserem Ziel.Vor uns fährt ein kleiner weißer Suzuki, auf dessen Rückscheibe steht "Jain", ich nehme an, ein Bekenntnis zur Religion des Fahrers *. Er ließ es nicht zu, dass unser deluxe-Bus von der Silverline ihn überholte. Wir befinden uns auf einem "national highway", was man angesichts der Breite und des Lebens auf und an der Straße nicht unbedingt vermuten würde. Rechts und links der Straße Bäume und Felder. Viele Laster, Busse, Traktoren, Auto-Rikschas, Fahrräder, Mopeds, Motorräder und Kleinlaster. Die Grenze zwischen den Bundesstaaten Uttar Pradesh und
Rajasthan ist mit einem Transparent und einer Ziegelsäule am
Straßenrand gekennzeichnet, auf der "Rajasthan" steht. (Mehr zu Rajasthan: http://de.wikipedia.org/wiki/Rajasthan) Jaipur(mehr zu Jaipur) Abends. Roof-top-restaurant im Hotel
Mansingh-Palace. Die Kellner machten uns auf den city-view aufmerksam. Aber wir
sehen im Dunkel nur Lichter und wissen nicht, um welche Gebäude es sich
handelt. Ziemliche laute englische Popmusik. Bekannte Schnulzen seien das, sagt
Hans. Der gerade singende Interpret heiße Mark Knopfler. Es gab auch
"Rosanna" und "Every move you make ..." In der Früh Abschied vom Taj Mahal. Es
tröpfelte wieder, wie am Abend. Ein Regen der sich in Nichts auflöst
und die Staubwolken auf der Straße nicht vermindert. Wider Erwarten trat
das Taj Mahal vor unserer Abfahrt aus dem Morgennebel. Freude. Einmal hielten wir zum "Austreten" am Straßenrand. Da neben den Männern auch zwei Inderinnen ihren Sari hoben, machte ich es ihnen nach. Später pausierten wir bei einer Raststation mit Bougainvilleas. Man kriegte Tee um sechs Rupien. Ich habe gelesen, dass die Busse einfach weiterfahren, ohne besondere Zeichen zu geben, darum war ich etwas nervös. "Du bist wie ein Hendel herumgelaufen", sagt Hans. Tatsächlich sprang aber ein junger Mann in den Bus, als wir schon abgefahren waren und auf die Landstraße einbogen. Es gäbe Unzähliges zu beschreiben über diese Fahrt. Ich habe den Eindruck, dass die Szenen, die wir aus dem Autofenster beobachten, viel mehr vom "richtigen" Indien zeigen als die Einblicke in die rajasthanische Geschichte und die prächtigen Paläste. Der Highway war eine ganz normale Straße, manchmal sogar mit Mittelstreifen. Sobald wir nach Rajasthan kamen, wurde die Straße plötzlich besser. "Aber nur ungefähr eine Strecke von zehn Kilometern", sagt Hans.Ich trinke als "Desert" Masala-Tee, der hier besonders "spicy" schmeckt. Im ganzen großen Lokal sitzen noch vier andere Leute. Die meisten sind Gruppenreisende, und die speisen anscheinend im Parterre. Außerdem essen wir immer ziemlich früh für indische Verhältnisse. Also, die Straßen - voll mit
aufgeplusterten Lastern, Kleinklastern angefüllt mit aufrecht stehenden
Leuten, PKWs, Bussen - und auch mit von Kamelen gezogenen Fahrzeugen. Das
Vorfahren bei Gegenverkehr ist hier eine besonders entwickelte Kunst. In Agra im Garten des Taj Mahal kamen mir die indischen Frauen im Sari, verglichen mit den arabischen bzw. auffällig muslimisch gekleideten im Tschador, sehr frei vor. Offener körpernaher Umgang mit ihren Männern. Die leuchtenden Farben, die Saris, die am Hals und Bauch Haut frei lassen. Ab und zu waren sogar Frauen und Männer zu sehen, die sich zärtlich berührten oder gar den Arm umeinander legten. Doch in Rajasthan scheint es noch strenger zuzugehen. Grauslich ist schon vieles - die Spuckerei, die Scheiße - menschliche!!! - und die Klos, deren Boden immer patschnass ist. Es steht jeweils ein Kännchen für das Wasser parat, mit dem der Hintern - ich frage mich wie - ausgespült wird. Sogar in der public toilet des Taj Mahal gab es nur ein Klo mit überschwemmten Boden. Bis gegen Ende der Fahrt blieb es immer
grün rechts und links der Straße, Bäume wuchsen,
Laubbäume, Eschen, Akazien, Weidenarten. An den Nebentisch hat sich jetzt eine Runde Inder hingesetzt, sechs Herren, eine junge Frau. Noch zur Fahrt: Schweine gab es auch an den
Straßenrändern, Schafe und Ziegen in Herden. Alle
freilaufend. Obst- und Gemüsemärkte, dunkelrote Wurzeln, vielleicht Süßkartoffeln?, weiße Rettiche, mehr grüne als orangefarbene Orangen. Einmal hielten wir vor einem unbewohnt scheinenden Haus an, vor dem ein Baum mit vielen Affen stand. Der Begleiter des Busses - ein pockennarbiger spuckender älterer Herr mit Brille und beiger Wolljacke - leerte die Hälfte der Früchte seines Obstsackerls für die Tiere aus dem Fenster. Der Umgang mit Tieren scheint hier ganz anders zu sein als bei uns, wohlwollend, gleichberechtigt. "Bei uns werden sie als Nahrungsmittel gesehen, hier eher als Kollegen", sagt Hans. Auf der Fahrt nach Fatehpur Sikri beobachteten wir, wie ein Bursch neben der Straße mit Wasser aus einer Lache liebevoll einen Büffel wusch. Im Straßenverkehr haben Tiere immer Vorrang. Ein Esel mit schwerer Ziegellast. Bei den
Ziegeleien gab es lauter gleichartige Traktoren der Marke Massey-Ferguson,
beobachtete Hans. Ein Modell, das bei uns in den Siebzigerjahren ausgelaufen
ist, aber vielleicht hier in Lizenz produziert wird. Nun zu Jaipur. Wir bezogen das Hotel. Dusche und Tee mit Toast. Dann wieder
hinaus. Geplant war ein kleiner Spaziergang in die Altstadt - wie im Reise Know
How-Führer empfohlen. Aber das Gelände ist dafür viel zu
weitläufig. Nach einer Weile Herumirrens bestiegen wir eine
Fahhradrikscha. Ein junger Mann, der sich mit uns furchtbar plagte, lenkte das
Rad. Ich beschloss, dass dies meine letzte Fahrt mit einer Fahrrad-Rikscha war.
Es scheint mir einfach unmenschlich, mich von einem anderen Menschen mit so
viel Mühe befördern zu lassen. Auch wenn dieser Mensch damit seinen
Lebensunterhalt verdient. Per Autorikscha zum Hotel zurück. Ich rief in Jaisalmer an,
Herr Ujjwal, der Chef der Adventure Travel Agency, kommt uns mit dem Jeep vom
Bahnhof abholen (soferne wir mit dem Zug ankommen, es ist ja noch
ungewiß, ob wir Bahnkarten bekommen). Er gab mir seine Autonummer. Wir
dürfen nur in den Jeep mit dieser Nummer einsteigen. Er ist scheinbar
ziemlich besorgt, dass wir ihm von seinen Konkurrenten abspenstig gemacht
werden!
7. Februar 2005, Montag, Jaipur
Es ist gegen elf Uhr vormittags. Wir sitzen bzw.
liegen auf unserem Bett. Vom Nachbargebäude dröhnt ein Generator. Wir
wohnen über dem Eingang - ständig ein Kommen und Wegfahren von Autos
und Bussen. Im Frühstückssaal waren viele Franzosen, am Nachbartisch saßen Österreicher. Das Hotel hat sehr hohe Räume, viel grauen Marmor und in der riesigen Lobby Blattpflanzen in Töpfen. Das Frühstückszimmer ist rattanartig möbliert. Die Kellner sind bemüht und sausen mit Tee-, Kaffee- und Milchkannen in der Hand herum. Ich bekam hot water für meinen Käsepappeltee. An einem Tisch in der Nähe ein alleinstehender Mann, der fleißig Tagebuch schrieb. Ebenfalls in unserer Nähe der allein reisende Herr, der indisch aussieht und gestern nach uns ankam. Er fährt von hier aus weiter nach Jodhpur, erklärte er dem Kofferträger. Die Teppiche auf dem grauen Marmor unseres Zimmers erinnern mich an zu Hause. Nach dem Frühstück überquerten wir die lebensgefährliche Straßenkreuzung zur RTDC-Agengy, um dort die Buskarten zu erstehen. Ganze Pulks von Fahrrädern, Tuktuks und Autos, die von allen Seiten herbeischießen. In der Mitte der Kreuzung eine Erhöhung. Auf dieser Verkehrsinsel lagern Kühe und Bettler oder Obdachlose. Kühe - bei der offiziellen Reiseagentur des Staates Rajasthan standen plötzlich drei vor uns, braun, schwarz und weiß. 8. Februar 2005, Dienstag, im Zug zwischen Jaipur und JaisalmerWie ein hupendes Kamel schaukelt der Zug zwischen Jaipur und Jaisalmer durch die Wüste Thar.Seit Jodhpur hupt der Zug soviel wie der Autobus von Agra nach Jaipur. Auf der einen Seite des Zuges wird bewässert - das Land ist grüngelb. Auf der anderen Seite Sand, Wüste. Doch jetzt ist das Grüne schon vorbei. Ab und zu taucht so eine grüne Insel auf. In unserem Abteil befindet sich eine junge Frau mit Kind, ihr Mann und auf dem obersten Bett ein weiterer Mann. Das Kindchen schlief sehr brav und schaut jetzt dauernd zu uns her. Draußen wächst etwas, das Raps sein könnte. Gestern Jaipur. Wir machten die Stadtrundfahrt. Sie begann zirka
um zwölf Uhr, und wir stiegen gegen halb sechs Uhr aus dem Bus und fuhren
mit einer Autorikscha zu unserem Hotel zurück Wir passierten wieder den Palast der Winde
(Hawa Mahal). "Das 1799 von Maharaja Pratap Singh II errichtete
fünfstöckige, mit 953 Nischen und Fenstern versehene Bauwerk diente
einzig und allein dazu, den Haremsdamen den Ausblick auf die pompösen
Festzüge zu ermöglichen, ohne selbst gesehen zu werden. Damit ist der
Palast der Winde wohl das beste Symbol für den verschwenderischen
Lebensstil der Rajputenfürsten. Ein Luftschloss im wahrsten Sinne des
Wortes mit seinen winddurchzogenen Erkern und Balkonen ..." Beim Verlassen des city palace gingen wir an einem Schlangenbeschwörer vorbei. Eine kleine Jause konnten wir an Straßenstandeln erstehen. Wir tranken den indischen Milchtee aus winzigen Plastikbechern. Von der vergründeten schwarzen Kanne, aus der er gegossen wurde, ließ ich meinen Blick so schnell wie möglich woanders hin schweifen. Hans aß ein Samoza, eine Art gefülltes Brötchen. Dann ging es zur Palastanlage von Amber. Das war sehr toll. Nicht mit Elefanten (400 Rupien), sondern per Jeep (20 Rupien) ließen wir uns mehrere hundert Meter zu dem Fort hinaufbefördern. Amber war über sechs Jahrhunderte die Hauptstadt, bevor Jaipur im 18. Jahrhundert Residenz des Reiches wurde. Vielleicht sollte ich hier einfügen, dass
zum ehemaligen Rajputana zweiundzwanzig Fürstentümer gehörten,
"viele derer Adeligen heute in Armut leben, während andere, wie die
Thakurs oder Rawals noch immer ein Leben von verschwenderischer Pracht
führen. Nachdem Indien im Jahre 1947 unabhängig wurde, schlossen sich
die zweiundzwanzig Familien der indischen Union an und gaben damit ihre
Unabhängigkeit auf. Ein paar Jahrzehnte später wurden sie gezwungen,
auch ihre Privilegien aufzugeben. Eine Epoche des Pomps und des Gepränges
und der verschwenderischen Feiern war zu Ende gegangen. Wenn ein gewisser Maharaja zu einer seiner drei Mahananis kam, begrüßte sie ihn aus einem kleinen Fenster mit Blumen, die auf ihn herunterschwebten. In dieser Palastanlage gingen wir herum, hinauf, hinunter, durch enge Gänge. Grandiose Ausblicke auf die Aravalli-Berge. Ein Restaurant des RTDC, das nicht in Betrieb war. Fast übersehbare Postkartenverkäufer. Wir sind darauf gekommen, dass es nützt, zu
sagen: "Maybe later". "I am Salman, remember, Salman", rufen die Buben mit den
Postkarten uns ihre Namen nach. Hans fühlt sich verpflichtet, am
Rückweg sein Versprechen wahr zu machen, aber oft sind die Burschen nicht
mehr zu sehen, bzw. eine andere Partie ist im Dienst. Nebenan (wir sind im Zug) wickelt der Papa das Kindchen, während die Mama, eine schöne füllige Frau, zuschaut. Diese Widersprüche: Viele Leute scheinen so
gut zu leben wie wir, und dann dieser Bruch zu den Bettlern, zu Leuten, die
total arm sind. Auch die Inder schauen weg oder speisen die Armen mit einem
kleinen Almosen ab. Den Lakshmi-Narayan-Tempel in Jaipur besichtigten wir nicht mehr. Er soll wie das Taj Mahal aussehen. Wir waren nervös wegen unserer ungesicherten Zugsfahrt, verließen die Touristengruppe und fuhren mit einem Tuktuk ins Hotel. Tee mit Toast, Anruf von Alok Verma aus Delhi. "Die Zugskarten sind nicht confirmed. What shall we do?" Ich beginne, meine alternativen Überlegungen auszubreiten. "Bevor wir zu sehr ins Detail gehen - das war nur ein Scherz! Wir bekommen die Zugskarten!" Ich bedanke mich viele Male. Später ruft Mr. Singh an und bestätigt diesen Tatbestand. "Um elf Uhr in der Hotel-Lobby!" Wieder Dankesworte meinerseits. Duschen, ich wasche meine Haare, wir essen im Dachrestaurant und anschließend zahlen wir. Die Rezeptionistin in Sari und Blazer fragt erschreckt, warum wir mitten in der Nacht auschecken: "Hat es Probleme gegeben?" Wie im Hotel Taj View wird uns auch hier ein questionnaire, ein Fragenbogen, vorgelegt: "Wie zufrieden sind Sie mit ....?" Der Bahnhof von Jaipur heißt Jaipur
Junction. |
||||
Weiter zu Teil 2 |
Ruth Linhart | Reisen | Anfang | Fotos | Email: ruth.linhart(a)chello.at |