Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE RUSSLAND II

Wien, 30. Mai 1943

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Kommentar

Am Freitag den 28. Mai, fand endlich das schon so oft verschobene Schneiderhan-Konzert statt. Herma war mit mir dort. Er spielte wirklich wundervoll, so weich und abgerundet, und besonders das Beethovenstück war über alle Maßen schön.
Ich habe an Dich gestern zwei Feldpost-Pakete zu je 1 kg aufgegeben, und zwar mit den von Dir gewünschten Sachen. In den 2 Paketen sind also enthalten: 2 Turnhosen, 1 Film, 1 Karbidbrenner, 1 Fläschchen mit einem Rest Essigessenz (da ich nirgends eine Essigessenz bekommen kann, so hat mir meine Mutter einen kleinen Rest, den sie noch von sich gehabt hat, gegeben). Außerdem habe ich Dir noch in einer kleinen Flasche etwas Essig geschickt und 1 Glas Senf, außerdem 1 Schachtel Zigaretten, 2 Äpfel und ein paar Keks, Die Äpfel und Keks sollen zu Deinem Namenstag sein. Gestern fiel mir mein Zopf in die Hände, den die Mutter aufgestöbert hat, als sie am Boden räumte. Es sind gerade morgen, am 31. Mai, auf den Tag genau 17 Jahre, seit ich ihn mir habe in Köln schneiden lassen. Er ist so schön blond und seidig glänzend, daß er direkt eine Freude für das Auge ist. Soll ich ihn aufheben?


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen