Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE HINTERLAND

Wien, 29. Oktober 1943

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Kommentar

Gestern habe ich endlich eine Nachricht von Dir bekommen. Jetzt bin ich froh, denn ich nehme an, daß es Dir auch weiterhin gutgeht. Ich freue mich auch, daß das Wetter weiterhin bei Euch so schön ist, sodaß Du noch immer Spaziergänge machen kannst. Ich denke noch immer mit Sehnsucht an unsere schönen Vormittagspaziergänge durch die Gemüsegärten hinter Eurem Anstaltsgarten, vorüber an dem kleinen Bauernhaus und weiter hinaus zum Friedhof, wo man den freien Blick auf die schönen Wälder hat, die sich jetzt noch mehr verfärbt haben werden. Natürlich sind wieder allerlei Gerüchte im Umlauf, die für die allernächsten Tage einen Luftangriff auf Wien prophezeien. Ich hätte sehr große Lust, unsere vielen Bücher, mindestens die wertvollsten davon, sowie die Schallplatten und das belichtete Negativmaterial irgendwohin in Sicherheit zu bringen, wenn ich nur wüßte, wohin. Es wäre mir schon sehr recht, wenn Du sehr bald nach Wien kommen würdest, damit Du mir da ein bißchen an die Hand gehen könntest. Am liebsten wäre mir irgendwohin nach Ober St. Veit in Tiergartennähe, denn dorthin wird sich doch kein Großangriff richten.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen