Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE RUSSLAND II

Wien, 25. Juni 1943

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Kommentar

Gestern abend war ich noch bei Herma, da wir schon gestern die Mehlspeise für Dich backen wollten, aber Herma war in Aspern und hatte Pech bei der Heimfahrt (es war eine anderthalbstündige Stromstörung, wodurch auch keine Straßenbahn verkehrt hat). So habe ich ihr ein bißchen geholfen, da sie Obst aus Aspern gebracht hat und ein Teil sofort eingekocht werden mußte. Herma hat mir bei der Gelegenheit sehr viel geklagt über die Hetzjagd, der sie ununterbrochen ausgesetzt ist, um ein bißchen etwas zum Essen herbeizuschaffen, denn es wäre sonst katastrophal. In Aspern muß sie alles selber pflücken und ernten und froh sein, daß man ihr etwas gibt, dafür muß sie viel Geld zahlen und verschiedene andere Sachen bringen. Dann kommt das Schleppen der oft schweren Taschen den weiten Weg bis zur Straßenbahn und die furchtbar lange Fahrt. Und zu Hause das Einkochen mitsamt der Wirtschaft vorher und nachher. Niemand hat es eben heute leicht, und alles klagt und jammert, da alles immer komplizierter und zeitraubender wird.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen