Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE RUSSLAND II

Wien, 25. Februar 1943

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Kommentar

Je länger der Krieg dauert und je länger die Männer von der Heimat fern und von der Welt abgeschnitten sind, umso schlechter auch für das spätere Wiedereinleben in der Heimat, das Zusammenleben mit der Familie usw. Es sind zwei Teile eines Ganzen, die sich beide in eine andere Richtung fortentwickeln und auseinanderkommen. Aber wie könnte man dieser Gefahr entgehen? Glaube mir, ich habe von hier aus den besseren Überblick und bedeutend mehr Gelegenheit, mich nach allen Richtungen hin fortzubilden und in die Zukunft und ihre Probleme hineinzuschreiten und daher glaube ich, wird eher die Heimat der Faktor sein, der die Zukunft bestimmt, und nicht der Soldat, obwohl er die großen Opfer bringt. Es ist wirklich und wahrhaftig eine Tragik um diese Sache.
Im Büro haben wir alle sehr viel Arbeit, und es ist auch eine gewisse nervöse Stimmung bei uns, weil spürbar etwas in der Luft hängt, nämlich die Personalverringerungen wegen Dienstverpflichtungen von Frauen und Mädchen. Heute ist bereits der erste Fall eingetreten, daß eine etwa 30jährige Frau mit plötzlicher Wirksamkeit von uns weg mußte, weil sie woanders hin dienstverpflichtet wurde. Sie ist zwar nicht von unserer Abteilung, hat aber doch den Anfang gemacht und viele andere sollen folgen. Das hängt natürlich wie ein Damoklesschwert über allen, und die Stimmung ist danach.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen