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Du kannst Dir wohl denken, mit
welcher Angst ich an die kommenden Wochen denke. Wiewohl auf alles
gefaßt, ist es doch ein furchtbarer Schlag, wenn das Vorausgesehene
eintrifft. Am meisten bin ich darüber beunruhigt, wie Du Dich in die neue
Lage finden wirst, da Du scheinbar mit einer solchen Möglichkeit sehr
wenig gerechnet hast und es für Dich ein furchtbares Erwachen gewesen sein
muß. Wirst Du Dich schonen können? Denke bitte an mich und laß
die andern machen. Und das Wochenende hatte gestern so schön begonnen.
Ich war wieder in Gaaden und ging abends noch zwei Stunden spazieren. Es war
ein so heller klarer Tag, die Sonne schien so voll und die Wiesen waren so
herrlich und der Abend so besonders friedlich. Ich sah zu, wie die Sonne
unterging, es war der nördlichste Punkt, den sie je erreicht hat und sie
näherte sich dem Untergang als eine große rotgoldene Scheibe und sie
leuchtete mir geradezu ins Herz. Ich stand an einer Wiese, voll mit den
herrlichsten Margeriten, Glockenblumen und der Klee duftete so süß,
daß ich ganz andächtig wurde und mir der Gedanke einfiel, die Sonne
sei nichts anderes als Gottes eigenes Auge, womit er die Welt betrachte. Und
ich sagte in Gedanken ein Gebet: "Du Auge Gottes, welches auf die Welt
herniederblickt, schenk ihr den Frieden. Schenk ihr einen gerechten Frieden."
Ich wartete so lange, bis die Sonne verschwunden war und ging dann rasch
nach Hause. Und heute früh, als ich wach wurde, stand sie schon wieder
hoch am Himmel. Ich ging nur über die Wiesen und immer weiter über
Wiesen und am Waldrand und der Wald zeichnete sich ab mit den Silhouetten
seiner Nadelbäume, ein jeder eine Erscheinung wie ein gotischer Dom. Um
die Mittagsstunde kam ich in die Nähe von Menschen, im Helenental bei
Baden und ich hörte einigemale die Lautsprecher, aber meiner Gewohnheit
gemäß ging ich daran rasch vorüber, ohne zu hören, was
gesprochen wurde, nur verwundert darüber, daß scheinbar endlose
Reden gehalten wurden. In Baden wollte ich ins Strandbad gehen, es war 1
Uhr mittags vorüber, hunderte Menschen standen und wollten Eintrittskarten
haben, aber vergeblich, es war ausverkauft. Es bot sich für mich der
Ausweg, eine Besucherkarte zu lösen, die aber nur zum Anschauen des Bades,
nicht zum Baden berechtigt. Es ist kolossal groß und einfach herrlich
angelegt. Nachdem ich alles besichtigt hatte, ging ich wieder hinaus, sah aber
sowohl beim Hinein- wie auch beim Herausgehen eine Menge Leute vor einer
Lautsprecheranlage stehen, habe aber weder durch ein Wort aus dem Lautsprecher
noch durch irgendwelche Bemerkungen oder Gespräche der Leute erfahren,
daß etwas Wichtiges vorgefallen ist. Erst in der Badener
Elektrischen, als ich um zirka 3 Uhr einstieg, um nach Hause zu fahren, hatte
ein Herr eine Zeitung, aus der ich die Neuigkeit aus den Überschriften
ablesen konnte. Auf der Philadelphiabrücke angekommen, kaufte ich mir
ebenfalls eine Zeitung, um alles zu erfahren. Mir ist nun sehr traurig
zumute und ich gäbe viel dafür, wenn ich Dich wenigstens für
kurze Zeit, hier haben und mit Dir sprechen könnte. Ich bin mit Gott so im
reinen, daß ich das Gefühl habe, Dir und mir - uns beiden kann nix
gschehen!
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