Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE MÜNSTERBERG

Wien, 19. Jänner 1941

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Kommentar

Ich war gestern nach dem Büro am Flötzersteig bei Hilde, habe aber Robert nicht angetroffen, inzwischen wurde ich von Hildes Vater eingeladen, mit ihm am Abend in die Oper zu gehen. Ich war natürlich sofort dazu bereit und habe also gestern La Traviata gesehen. Das ist eine so schöne Oper, wie ich es mir gar nicht gedacht hatte. Es war ein großes Erlebnis für mich. Die Violetta wurde von Ester Rethy gesungen, den Alfred sang Anton Dermota, den alten Germont sang Georg Monty .Besonders die Rethy als Violetta war ganz wunderschön anzuschauen. Ich habe in der Rolle der Kameliendame im Film die Greta Garbo gesehen, also eine sehr starke Konkurrenz für die Rethy, aber sie hat ganz ebenbürtig gewirkt.
Heute, Sonntag vormittag, habe ich mich entschlossen, ein bißchen skifahren zu gehen und ging am Vormittag auf den Roten Berg. Dein Vater begleitete mich ein Stück. Nach dem Essen fuhren Fritzi und ich wieder am Roten Berg und am Girzenberg Ski. Fritzerl läuft schon ganz schön, nur nicht sehr couragiert, sondern vorsichtig.
Über die Verbindungsbahn gehen jetzt täglich große Truppentransporte mit sämtlichem Material, ich habe selber heute zwei solche Züge gesehen. Ich bete nur täglich zu Gott, daß ihr da nicht mit müßt, es ist für mich ein unvorstellbarer Gedanke, Dich wieder irgendwohin an die Front fahren zu sehen.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen