Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE MÜNSTERBERG

19. Jänner 1941

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Kommentar

Anmerkung

Ich habe einen großen Vorrat an Liebesenergie frei, der nirgends ein geeignetes Objekt finden würde und ich würde innerlich verkümmern und absterben müssen. Jede andere Tätigkeit ist kein Ersatz für das fehlende Kind und die fehlende politische Betätigung, die mir seinerzeit sinnvoll erschienen ist, denn ich betrachtete sie immer in erster Linie als Erziehungsproblem. In der Musik kann ich nicht schöpferisch tätig sein, sondern höchstens eine Zuhörerin, also eine rein konsumierende Funktion. Und die Sprachen sind zu trocken und zu mühsam und haben gar nichts mit Gefühlen zu tun. Und in bezug auf Kunstgeschichte und Kunstbetrachtung gilt dasselbe wie das von der Musik Gesagte. Eine rein konsumierende Funktion, die einem in Mußestunden angenehme und lehrreiche Abwechslung bietet, aber kein Ersatz für eine schöpferische Tätigkeit ist, wie sie die Erziehung eines Kindes darstellt. Und nur solange der Mensch schöpferisch tätig sein kann, so lange lebt er wirklich.


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