Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE HINTERLAND

Wien, 13. Februar 1945

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Kommentar

Ich bin schon so lange ohne Nachricht von Dir. Hoffentlich kannst Du recht lange in Znaim bleiben,
In Wien gibt es nichts Neues, außer daß heute wieder ein Angriff war, nachdem wir jetzt drei volle Tage Ruhe gehabt haben. Heute ist nun wieder der Südwesten von Wien getroffen worden. Auch Deine Cousine Hilda in Schwechat ist ja vor zirka 14 Tagen so ausgebombt worden, daß sie mit ihren restlichen Möbelstücken die Wohnung räumen mußte. Nun war vorige Woche wieder ein schwerer Angriff auf Schwechat, und das Haus der Hilda ist das zweite Mal getroffen und nun gänzlich vernichtet worden.
Ich kann Dir gar nicht sagen, wie gerne ich jetzt bei Dir in Znaim sein möchte. Mir kommt vor, als wäre Znaim der schönste Ort der Welt. Alle Wege und Gassen, die ich mit Dir gegangen bin, fallen mir so lebhaft ein und auch die einzelnen Bauten und wenn ich zurückdenke an die Zeit, als Du zum erstenmal dort warst und ich Dich immer besuchen kam, so finde ich, daß es damals doch eine sehr schöne Zeit gewesen ist.
Bist Du alle diese Wege schon wieder einmal gegangen? Leider ist für mich die Aussicht so gering, zu Dir nach Znaim zu kommen. Das wäre wenigstens noch etwas in dieser freudearmen Zeit. Vielleicht könnte ich dann wieder im Deutschen Haus wohnen, wo wir ein paarmal miteinander so glücklich waren, kannst Du Dich auch daran noch erinnern? Du mußtest spät am Abend immer in die Kaserne zurück und warst am frühen Morgen, da ich noch im Bett lag, schon wieder bei mir. Ach, was war das für eine schöne Zeit!


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen