Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE HINTERLAND

Wien, 12. Juli 1944

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Kommentar

Ich danke Dir sehr für Deinen heutigen Anruf, weil es mich doch betrübt hätte, wenn ich hätte wegfahren sollen, ohne von Dir vorher eine Nachricht zu bekommen. Ich fahre ohnehin mit so gemischten Gefühlen von hier weg, weil sich gerade bei solchen Anlässen wie Urlaub, Wegfahren usw. die ganze Problematik des heutigen Lebens ergibt. Die Gefahr von Luftangriffen wächst nun täglich, und es ist zu fürchten, daß es nicht immer bei Floridsdorf bleiben wird. Auch Bahnfahrten auf allen Strecken sind heute mit Risiken verbunden, wie es die Eltern erst wieder am Sonntag erlebt haben. Und die dritte Schwierigkeit ist das Mitnehmen von Essen. Es gehört eine große Liebe und Begeisterung dazu, unter solchen Umständen eine Tour zu wagen, und trotzdem will ich sie unternehmen, denn das Zuwarten mit den Ausflügen bis zu besseren Zeiten bringt nichts, weil ich glaube, auf bessere Zeiten können wir noch lange warten.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen