Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE FRANKREICH

Westfront, 12. Juni 1940

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Kommentar

Ich mache als einziger die Aufnahmen in den bereits erstürmten und von uns eingenommenen Ortschaften und Stellungen, entwickle, kopiere und vergrößere für den gesamten Stab und bin momentan mit diesen Arbeiten von früh bis abends beschäftigt. Du kannst Dir denken, wie ich bei meinen Vorgesetzten beliebt bin und was für ein "Griß" um mich ist. Ich schlafe dabei einmal in Mimbach, das andere Mal bei uns in Gersheim. Trotzdem bin ich aber froh, daß ich all diese Sachen machen kann und so doch nichts mit viel Ärgerem zu tun habe. Meinen Znaimer Kameraden geht es durchwegs viel schlechter, sie sind zugsweise den Kompanien unterstellt worden, liegen jetzt in den vordersten Linien, schlafen im Freien und müssen sich jeden Tag mit den Franzosen herumschlagen.
Was sagst Du zu der neuen Lage bezüglich Italien? Was spricht man in Wien darüber und was ist Deine persönliche Meinung? Ich glaube, wenn das in diesem Tempo so weitergeht, werden wir auch von hier bald wegkommen und noch weiter vor müssen. Du schreibst gar nichts, ob Du viel baden gehst. Ich hätte sehr gerne, wenn Du ein bißchen auf Dich schauen würdest, nachmittags, einige Male in der Woche in ein Bad gehen würdest, Dich ein bißchen nacktbaden und sonnen und sonntags einen Ausflug ins Grüne zu unseren schönen Plätzen im Wienerwald machen würdest. Dabei kannst Du immer an mich denken und mir über alles Gesehene berichten. Du weißt schon.
Ich werde diese Woche noch ein Paket mit Schmutzwasche aufgeben. Ich habe soeben gehört, daß man schon wieder von zu Hause hierher Feldpostpäckchen bis 1 kg aufgeben kann. Ich habe nur Gusto auf Mehlspeise, alles andere habe ich.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen