Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE POLEN

O. U. 11. Mai 1941

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Kommentar

Spatzilein, Du liebes, ich bin ja so froh, daß ich Dich habe und daß Du mich so wahnsinnig stark lieb hast. Du hast mich schon so verwöhnt, daß ich ganz unglücklich bin, wenn ich einen Tag keinen Brief von Dir bekomme. Für Deine letzten Briefe kannst Du überzeugt sein, habe ich bestimmt großes Verständnis. Ich weiß schon, daß man nicht immer froh und heiter sein kann, aber nach Regen folgt ja doch wieder Sonnenschein. Was glaubst Du Spatzilein, wie unglücklich ich des öfteren bin und was ich alles über mich ergehen lassen muß, aber ich besitze vorläufig noch die Kraft, das alles hinzunehmen und zu unterdrücken. Manchmal würde ich am liebsten auf und davon laufen, zu Dir und bei Dir Trost und Hilfe suchen.
Das Wetter ist hier auch sehr schlecht. Heute regnet es wieder, den ganzen Tag, und die Straßen sind in ein Schlammeer verwandelt.
Und zum Schluß das Traurigste. Der Urlaub ist ab 4. Mai auf unbestimmte Zeit verschoben. Wir sind ständig in Bewegung und kommen nicht zur Ruhe. Hoffentlich kann ich Dir in Bälde schreiben. Es ist trostlos.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen