Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE HINTERLAND

Wien, 3. Oktober 1943

Bild klickbar



Kommentar

Heute Sonntag war ich den ganzen Tag zu Hause und habe verschiedene Rückstände, die sich in der Hauswirtschaft ergeben haben, aufgearbeitet. Jetzt am Abend war Herma auf zwei Stunden hier und hat mir geholfen, Deine große Kiste mit Wäsche und Kleidern zu packen. Diese Kiste werde ich dann hinunterstellen in das kleine Kammerl neben dem Hausflur, wo auch alle anderen Parteien Kisten und Koffer mit Kleidern usw. einstellen werden. Die Bevölkerung wird hier immer dringender aufgefordert, Wäsche und Kleider in Sicherheit zu bringen, da die Luftgefahr immer größer wird.
Gestern nachmittag war ich bei Deiner Mutter, und sie ging mit mir zu einer ihr bekannten Modistin auf der Hietzinger Hauptstraße wegen meiner Kappe zu dem neuen Kostüm. Aber auch dort hörten wir das übliche Lied, die Modistin ist nämlich ab morgen Montag in die Kapsch-Fabrik dienstverpflichtet und muß ihr Gewerbe einstellen.
Ob es gescheit ist, jetzt während der größeren Luftgefahr von hier wegzufahren, wer kümmert sich denn um die Rettung meiner Sachen, wenn wirklich etwas passiert?


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen