Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE MÜNSTERBERG

Münsterberg, 3. Oktober 1940

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Kommentar

Ich habe schon ein ganz schlechtes Gewissen, da ich Dir seit Montag nicht geschrieben habe.
Weißt Du, mit dem Schreiben ist das so: In letzter Zeit haben wir mit den vielen Umstellungen und Neuaufstellungen einen solchen Wirbel, daß es jetzt meistens sehr spät wird und wenn einmal weniger zu tun ist, so wie heute, so wird man ganz einfach "verzaht". Ich wollte mir ursprünglich nur ein Glas Bier bei uns im Hotel kaufen und dann in mein Zimmer gehen und Dir einen Brief schreiben. Als ich aber ins Gastzimmer kam, waren eine Menge Feldwebel und Offiziere da und luden mich ein, am Tisch Platz zu nehmen. Es werden meistens Würfelspiele gespielt nach ganz bestimmten Regeln und da ließ ich mich verleiten und tat halt mit. Gestern abend wieder war die Abschiedsfeier für unseren Kameraden Schreiner. Man kann sich leider nicht immer von solchen Dingen drücken, man wird dann gleich als "Spielverderber" oder "fad" oder unkameradschaftlich hingestellt. Wegen Robert bin ich sehr gespannt, was da noch kommen wird und wie das ausgehen wird. Schreibe jedenfalls gleich darüber. Es ist jetzt spät und ich hoffe, daß ich Dich doch ein bißchen versöhnt habe.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen