Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE MÜNSTERBERG

Münsterberg, 2. November 1940

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Kommentar

Besten Dank für Deine Briefe vom 29. und 31. Oktober. Ich sehe daraus, daß Du wieder einmal sehr deprimiert bist und zuviel über Alltagsdinge nachdenkst. Halte Dich bitte fern von den vielen Sorgen anderer Menschen. Jeder hat irgend etwas am Herzen und Du kannst Dich doch nicht mit so vielen Leiden des ganzen Bekanntenkreises belasten. Lasse diese Dinge nicht so stark auf Dich einwirken und ziehe Dich zurück von Menschen mit vielen Sorgen.
Gönne Dir viel Ruhe und einen ausreichenden Schlaf. Vorher kannst Du ein schönes Buch lesen oder Schallplatten hören und Deine russischen Aufgaben machen. Ich stelle mir vor, daß dabei warm eingeheizt ist und viele weiße Astern im Zimmer sind. Wenn Du mich schon sehr notwendig brauchst, dann komme ich auf einige Tage nach Wien.
Die Bibel und "Trost bei Goethe" lese ich jetzt. Es ist nur schade, daß die hiesigen Gastgeber für uns noch keine Kohle bekommen haben. Jetzt ist es im Zimmer schon sehr kalt und ich kann leider meine freie Zeit nicht in demselben verbringen. So schlage ich diese wenige Zeit irgendwie tot.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen