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Mit einem so merkwürdigen
Gefühl ging ich am Mittwoch vom Bahnhof weg nach Hause. Es war mir, als
wäre das Wetter plötzlich trüb geworden und die Sonne
verschwunden. Ich weiß jetzt wieder leider gar nichts mehr von Dir, ob Du
noch am alten Platz bist und wie man Dich empfangen hat und ob man mit der
Erledigung Deiner Aufgabe zufrieden war . Nun will ich Dir berichten, was
ich seit Mittwoch gemacht habe: Ich habe wieder ein hübsches Stück
von Shakespeare gelesen und zwar: Der Widerspenstigen Zähmung. Sodann habe
ich das Textbuch zu Onegin gekauft und es gelesen. Freitag war ich bei
Senghofer, er sagte mir, er sei noch bis Ende Juni hier. Samstag nachmittag
ging ich auf den Flötzersteig zu
Anny und dann auch
für kurze Zeit zur Hilde. Hilde weiß gar nichts Neues von Robert.
Anny hat mich eingeladen, mit ihnen allen abends in das Gasthaus am Steinbruch
zu gehen, das ist oben bei der Feuerwehr Steinhof, in der Nähe der
Sommerwohnung von Annys Eltern. Wir waren dort eine sehr große
Gesellschaft. Wir blieben bis gegen halb 11 und gingen bei vollkommener
Dunkelheit in Annys Wohnung zurück. Dort mußten wir wieder bleiben,
wurden bewirtet und blieben bis gegen ¾ 1 Uhr. Als wir weggingen,
schüttete es in Strömen. Ich und die junge Frau, die am
Flötzersteig wohnt, gingen zu uns nach Hause und sie blieb bei uns
über Nacht. Heute früh um 7 Uhr ging sie fort. Für abends waren
bei meinen Eltern Herma, Hans und Fritzi angesagt, da
Maxl morgen
einrücken muß nach Linz zur Infanterie Nachrichtenabteilung.
Als ich bei Deiner Mutter war (Vater ist über Nacht in Dienst), wurde ich
von Herma abgeholt, da wir alle zusammen zu Maxls Abschied mit dem Fritzi in
den Prater gehen sollten. Fritzi freute sich schon unbändig und konnte es
gar nicht erwarten. Es war sein erster Praterbesuch. Er fuhr natürlich auf
mehreren Ringelspielen und im Autodrom, wir alle zusammen (auch meine Eltern
waren mit) im Riesenrad, Fritzi mit der Großmutter auf der Geisterbahn
(sie schworen nachher, nie wieder auf einer Geisterbahn zu fahren, denn sowohl
Fritzi als auch meine Mutter haben sich sehr gefürchtet vor den Skeletten
und vor der Spinne, die direkt in die Haare hineinfährt), dann waren wir
im Gasthaus, Maxl machte immer Aufnahmen und dann wollten wir noch zur
Liliputbahn und zum Zirkus Krone, der ietzt im Prater ist und dann nach Hause.
Leider kam es aber anders. Hansl und Herma wollten noch auf einem Ringelspiel
fahren, wo man in solchen "Scherberln" sitzt, die während der Fahrt so
hinausfliegen. Während sie nun da fuhren, geschah ein Zusammenstoß
zwischen Hansl und einem hinter ihm fahrenden Burschen und Hansl erlitt eine
schreckliche Wunde über dem linken Auge, die eine Gesichtshälfte war
über und über blutig sowie auch Hemd und Rock und es war eine
furchtbare Aufregung. Also kann er mit einer Kopfwunde morgen einrücken.
So hatte also der Praterbesuch ein "blutiges" Ende gefunden. Fritzi hat
sehr geweint und ist ietzt auf den Prater nicht gut zu sprechen. Ich fand von
allem Anfang an keinen Geschmack am Prater, es herrschte trotz der vielen
Menschen gar keine Praterstimmung, die Menschen machten einen überreizten
Eindruck. Man bekommt ja auch gar nichts zu essen, weder in den
Gasthäusern noch bei den Standln und mit Einbruch der Dunkelheit hat sich
das Praterleben überhaupt aufgehört, da wir doch vollkommene
Verdunkelung haben. Also, da brauche ich Dir gar nichts weiter über den
Prater erzählen, ein Prater ohne Lichter, ohne Würsteln, ohne
Brezeln, das ist doch kein Prater! Von
Roserl kam gestern
ein Brief, wo sie sich für mein Beileid bedankt. Sie schreibt sehr traurig
und hoffnungslos. Von Wiki schreibt sie, daß die Taubheit der Ohren noch
viel ärger geworden ist und sie in ihrem Fortkommen dadurch gehindert ist.
Roserl schreibt, daß Wikis Mann (Du kennst ihn ja) nun wieder dort ist,
wo er schon war und daß sie ihm jetzt leider nicht helfen können.
Außerdem schreibt sie viele Grüße an Dich und wir sollen nur
gesund bleiben und auf uns aufpassen, denn ihre Freunde sind neben den
Verwandten das einzige, was ihr geblieben ist. Sie schreibt, daß Otto
viel gefaßter ist und ein bißchen Trost in dem, was er leisten
kann, findet, aber sie selbst findet keinen Trost. Heute traf ich
zufällig Beppo
A. Er erkannte mich von weitem in der Mantlergasse und kam gleich auf mich
zu. Er machte einen heiteren Eindruck und läßt Dich herzlich
grüßen. Er ist Einser - Jahrgang und muß sich
demnächst stellen. Gestern war es ganz lustig mit
Pi's, es wurden
fast nur Witze erzählt von den ältesten Bartwitzen bis zu den noch
älteren Bobbywitzen, aber wir haben doch sehr gelacht. Ich hatte,
wahrscheinlich weil ich ein bißchen Ribislwein genascht habe, einen
kleinen Schwips und lachte über jeden Witz schon im vorhinein. Es hat mir
auch nicht geschadet, einmal so recht von Herzen zu lachen. |