Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE POLEN

Wien, 1. August 1941

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Kommentar

Nun sitze ich hier und warte jeden Tag auf Dein Kommen oder Deinen Anruf. Ich habe Deinen letzten Brief so verstanden, als schriebest Du, Du würdest im Laufe dieser Woche nach Mistelbach kommen. Und nun ist heute schon Freitag! Einerseits bin ich ja froh, wenn sich Dein Kommen verspätet, denn umso später mußt Du wieder hinaus an die Front und jeder Tag, den Du nicht draußen sein mußt, ist gewonnen!
Heute und gestern bin ich stundenlang in der Stadt und in Mariahilf herumgelaufen und wollte mir einen Badeanzug kau-fen, aber es ist nirgends einer zu bekommen. Angeblich ist es auf Kriegsdauer verboten, Badeartikel zu erzeugen. Zweitens wollte ich mir ein Traggestell auf unseren Rucksack machen lassen. Aber in allen Geschäften, wo ich fragte, sagte man mir, das wird nicht mehr gemacht und darf nicht mehr gemacht werden. Jeder macht sich strafbar, der so etwas macht! Drittens wollte ich eine Küchenwaage kaufen. Aber es ist nirgends eine zu bekommen. Und so geht das weiter mit allem, was man anpackt. Wir sind wirklich furchtbar arm geworden.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen