Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE MÜNSTERBERG

Wien, 1. April 1941

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Kommentar

Soeben komme ich von einer Luftschutzversammlung in unserem Haus und bin von all dem Gehörten, wie von den Ereignissen überhaupt, etwas aufgeregt. Auch Du wirst jetzt gerade keine ruhigen Zeiten durchleben und wenn Dich dieser Brief erreicht, wirst Du vielleicht schon auf Deinem neuen Bestimmungsort angelangt sein.
Ich persönlich fühle mich ganz wohl und in ein paar Tagen werde ich auch wissen, was mit mir los ist. Ich werde dich dann selbstverständlich auf dem laufenden halten.
Ich bin ganz außerordentlich glücklich, daß wir die acht schönen Tage in Münsterberg noch gemeinsam gehabt haben. Wie sorglos und glücklich haben wir diese Tage verbracht. Bis an mein Lebensende werden mir diese Tage in ungetrübter Erinnerung bleiben, denn wir haben uns soviel an gegenseitiger Liebe geschenkt in jeder Beziehung und nicht der mindeste Schatten war zwischen uns. Ich habe Dich zum ersten Mal als das verantwortliche und entscheidende Haupt der Familie gesehen und gespürt und meine Stellung zu Dir festgelegt: als Frau, die sich absolut fügt, weil sie sieht und weiß, daß alles in den besten Händen ist, wenn es in den Händen des Mannes ist. Es ist so ein herrliches Gefühl für mich, meinen Willen gegen den Deinen völlig aufzugeben. Hoffentlich wird uns das alles, was wir uns wünschen und vorstellen, gegönnt sein. Wir wollen mindestens fest darauf hoffen.


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