Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE RUSSLAND I

Wien, 29. April 1942

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Kommentar

Vorgestern nachmittag war ich bei Otto auf einen Sprung. Am Abend war ich dann allein im Theater, in den Kammerspielen und zwar in dem Stück "Brasilianischer Kaffee" von Franz Paul. Es war ein lustiges Stück mit Musik und Tanz, und ich muß sagen, es war ganz nett. Ich habe mich wirklich gut unterhalten, ohne mich dabei ärgern zu müssen.
Vorgestern erhielt ich von Deinem Bruder Franz einen Brief. Er schreibt unter anderem: "Immer schlechter werden die Nachrichten, die man aus der Heimat erfährt. Ach wäre doch dieses Frühjahr schon vorbei. Viel Leid werden wir da erleben. Man sieht aus den Vorbereitungen, daß es mit aller Kraft losgehen wird, und was das kostet, das kannst Du Dir denken." Ich will den Tag noch erleben, an dem wir wieder frei atmen können und sagen, wir haben den Sieg errungen.
Auch von Mady aus Köln erhielt ich einen Brief, wo sie mir schreibt, daß sie sehr krank war und sich um Paul sehr ängstigen muß.
Heute nachmittag war ich bei Anny Pi. Sie war aber nicht zu Hause, nur ihre Eltern, die kleine Lieserl und Olga Zvacek. Spät erst, als ich schon weggehen wollte, kam dann auch Anny. Sie schaut sehr schlecht aus. Auch von Olga habe ich sehr schlechte Nachrichten gehört.


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