Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE RUSSLAND I

Am Transport, 27. Dezember 1941

Bild klickbar



Kommentar

Wir sind knapp vor Minsk und ich will rasch die Karte schreiben, damit Du ein kleines Lebenszeichen von mir hast. Die Fahrt ist bis jetzt gut von sich gegangen. Es gibt Schnee, die Sonne scheint und es hat zirka 10° Kälte. Zu sehen gibt es nicht viel. Links und rechts der Bahn Felder und Steppen und manchmal Wald. Die einzelnen Stationen sind nur ein Haus, umgeben von einigen Holzhäusern. Hier in Minsk sieht man schon sehr viel von den Zerstörungen. Gesprengte Brücken, Eisenbahnanlagen und ausgebrannte Häuser. Hie und da begegnen wir einem Lazarettzug oder leeren Lastzug. Die russischen Kinder kommen schüchtern zum Zug und bitten um Süßigkeiten und Zigaretten.
Zu essen und trinken haben wir genug. Die höheren Eisenbahnbeamten sind Deutsche, nur das Zugpersonal ist meistens russisch. Die Fahrt geht ganz langsam vor sich und wir stehen oft 10, 12 und mehr Stunden in einer Station oder auf freier Strecke. Man kann sich jetzt vorstellen, warum es gar keinen Urlaub gibt. Personenzüge gibt es hier überhaupt nicht. Feldpostnummer werden wir erst bei der Truppe bekommen.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen