Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE RUSSLAND I

22. Juli 1942

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Kommentar

Ich habe keine schwere und keine anstrengende Arbeit, aber ich muß mich am ganzen Tag um irgend etwas Verpflegungstechnisches kümmern. Alles, was mit Essen, Trinken und Rauchen zusammenhängt, wird für das gesamte Btl. mir zur Erledigung und Verteilung übergeben, und es ist manchmal sehr schwer, das Richtige zu treffen. Da das Btl. jetzt eine eigene primitive Molkerei betreibt, bekommen wir sehr oft Butter, Milch, Topfen und Eier. Auch der Nachschub mit Bier, Wein und Rauchwaren funktioniert jetzt wieder besser. Du kannst Dir da ungefähr vorstellen, wenn diese Artikel in großen Mengen ankommen, daß es da allerhand zu schaffen gibt. Ich bin für die Richtigkeit, die bestmögliche Lagerung, Zubereitung und Verteilung verantwortlich. Außerdem hatte Hptm. Stather vorgestern seinen 25. Geburtstag, und da wurde ich mit der unangenehmen Aufgabe betraut, für 14 Offiziere ein abendliches Arrangement in bezug auf Essen und Trinken zu treffen. Bei den primitiven und unvorteilhaften Kochgelegenheiten, welche uns zur Verfügung standen, war dies gar nicht so leicht. Mit Hilfe eines tüchtigen Kochs gab es zum Erstaunen aller am Abend: Nudelsuppe, Wiener Schnitzel mit Häuptelsalat und gerösteten Kartoffeln, Palatschinken mit Walderdbeeren, Bohnenkaffee. Außerdem Wein und Bier und für die fortgeschrittenen Stunden Butterbrote belegt mit Bierwurst, portugiesischen Sardinen und Fischpasten. Du siehst, es geht uns ganz gut, wenn uns auch die Russen mit ihrem Beschuß störten, aber was das Arbeit gekostet hat, will ich niemandem erzählen.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen