Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE RUSSLAND I

Im Felde, 17. März 1942

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Kommentar

Du fragst mich über meine Stimmung und wie ich immer gelaunt bin. Das ist natürlich ganz verschieden. Anfangs, als ich zur Komp. kam, war ich schrecklich unglücklich und habe mich sehr geärgert und gekränkt. Ich habe manchmal, wenn ich so allein war, sogar geweint über das Unrecht, welches man mir trotz meiner vielen Leistungen angetan hatte. Ich habe mich jetzt aber in mein Schicksal gefügt und will alles willig ertragen. Ich bin überzeugt davon, daß ich nicht allzulange bei der Komp. bin und daß mich bestimmt wieder irgend jemand wegholen wird. Ich bin jetzt des öfteren gut aufgelegt und pfeife ein Liedchen vor mich hin oder singe Dir und mir gut bekannte Melodien aus gesehenen oder gehörten Opern. Weißt Du, der Jammer ist nämlich der, daß ich so gar niemanden habe, mit dem ich über ernstere Dinge sprechen kann, lauter junge Burschen vom Land, Holzknechte, Landarbeiter und Pferdeknechte oder ältere Menschen, Komißknöpfe mit acht, neun und zehn Dienstjahren und mehr, welche total vertrottelt sind. Das ist meine nächste Umgebung. Ich bin also auf Dich angewiesen, auf Deine Briefe.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen