Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE RUSSLAND I

Wien, 9. September 1942

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Kommentar

Ich war heute in der Stadt und wollte Verschiedenes einkaufen, es ist aber leider beim Wollen geblieben. Zuerst wollte ich mir eine blaue Halskette kaufen. Das zweite, was ich besorgen wollte: Kamillentee. Ist aber leider nirgends zu haben, außer auf ärztliches Rezept in der Apotheke. Drittens wollte ich ein BiIderbuch für den kleinen Herbert in Bregenz, der jetzt Geburtstag hat, leider gibt es aber nirgends Bilderbücher, und ich hatte ein besonderes Glück, daß ich beim Gerold in der Rotenturmstraße ein minderwertiges Buch ergattert habe, ohne Auswahl natürlich. Ich war auch heute für ein paar Minuten bei meiner Freundin Grete am Neuen Markt, um nach ihr zu sehen. Sie war heuer im Sommer einige Zeit bei ihrem Mann in Drohobycz und erzählte mir furchtbare Sachen von ihrem Aufenthalt dort und in anderen Orten in Polen. Sie nimmt sich alle diese Sachen sehr zu Herzen, und auch ich muß gestehen, daß ich das alles zusammen so furchtbar empfinde und in den letzten Tagen in sehr gedrückter Stimmung herumgehe.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen