Biographieprojekt Johann und Maria Hauer

MARIA UND JOHANN HAUER
DIE HOCHZEIT AM 2. JUNI 1952

Vorgeschichte

Die Hochzeit

Nachtrag zur
Hochzeit


    Das Brautpaar 1952

Hochzeitsgesellschaft
Ruth: Und jetzt erzählts bitte noch kurz, wie es bis zur Heirat gekommen is?
Maria: Mia hamm uns eigentlich scho in da Schul kennt, weil ma ja in da selbn Klass gwedn hand. Da warn ja drei Jahrgänge in oana Klass, und nachdem er netta um a Jahr öida is wia i, muass i ´n gsegn hamm. Aba i hab ihn nit gsegn. De facto nicht wahrgenommen. In da ganzn Schulzeit nit. A nit dann scho, wia ma zwölf bis vierzehn warn, i hab den Buabn nit gsegn. Und er mi wahrscheinli a nit. Was weida koa Wunda is, weil i war ...
Johann: Ja, das mecht i nit sagn. Das mecht i nit sagn (beide lachen). Aber denkt hab i ma a nix dabei. ´S is a Zeit gwedn, wo ma sowieso d´ Mescha sozusagen nit besonders ernst gnommen hat oder so.
Maria: Sicha nit.
Ruth: Ja, aber irgendwann einmal is´ ja anders worden.
Maria: Ja, aber eigentlich erscht ... Die Phase zwischen Schulzeit und bei dir dann Einrucka und Kriag und alls, da war eben Kriag und da war gar nix. Da warn weder irgendwelche Zusammenkünfte außer Hitlerjugend und so. Und da hamma uns ...
Johann: Da hamma nit mittun deafn.
Maria: Da hamma nit mittun deafn, von dahoam aus scho nit, und mia hättn a nit mittoan, weil uns des in da Seele zwida war.
Ruth: Warum habts ihr von daheim aus nicht mittun dürfn?
Maria: Weil mei Vatta a ganz a vehementer Nazigegner war. Und oft mit oan Fuaß eh scho in KZ. Da damalige Ortsgruppenleita von Hofkirchen, des war der Dr. Wurzer, der is oft aufa kemma. Da erinner i mi zwoa-, dreimal, dass er gsagt hat: "Schartner, oamal hab i des no abbogn. Aber wannst du wieda amal dein Mund nit haltn kannst, dann kann i da nimma helfn." Weil er halt sein Schnabl a nicht halten hat können, und er hat imma, wann er was gsagt hat, er war eh koa großer Dampfplauderer, eher a schweigsamer Ma, mei Vatta, aber wann er was gsagt hat, hat er absolut imma den Nagl am Kopf troffen.
Johann: Ja, zum Beispiel, wenn er mi gfragt hat, ob der Buagamasta sein Nam schreibn kann.
Maria: Unta andam auch. Das war ebn so ...
Hans: Das war aba scho nach der Nazizeit.
Johann: Ja, ja. Aba i moan, der Schartner hat a gwisse ...
Maria: Na, er hat sei Linie ghat und da hamm die Nazi ihn nit davon abbracht, und er hat sie einfach nicht respektiert, in keinster Weise. Und drum hamm mia a niemals gehn müassn zu BDM-Veranstaltungen oder HJ und so.
Johann: Also, da is mei Vatta a so gwedn, der is da ganz s´ Gegenteil von dem Regime ... Also damals hats ja die Vattaländischen gebn, aba des hamms ganz ernst gnommen, obwohls ja wirtschaftlich schlecht gangen is. Trotzdem, die Vaterländische Front und des is sozusagen die bäuerliche Seitn gwedn damals.
Ruth: Da hat ma also gar ka Gelegenheit ghabt, als junge Leute ...
Maria: Na, hats nit gebn. Es hat weder irgenda Tanzveranstaltung gebn - mia hamm a gar nit tanzen kinnen no um de Zeit, wo hätt mas denn gleant? Es war einfach nix, gar nix. I hab mein Kirchenchor ghabt. Da erinner i mi a an oa Begebenheit. Des war dann scho, da war der Pfarrer Lohninger scho da. Und da bin i amal in an Sonntag nammidag, da war a BDM-Veranstaltung gwedn, pflichtmäßig, und gleichzeitig aber a a Kirchenchorprobe. Und mia san dahin gangen. Und a paar Tag drauf kimmt da Pfarrer Lohninger und fragt mi ganz ernsthaft: „Was war denn in Sonnda eigentlich deine Pflicht gwedn?" Sag i: „Wieso, woaß i nit." „Ja, hätts du nit zua da ... wie hats denn ghoaßn - BDM-Gruppn oder so halt - gehn müassn?" „Ja", sag i, „Aber da bin i ja nia hingangen, warum hätt i am Sonnda solln?" „Ja, dann hättst aber a nit zua da Kirchenchorprobe gehn deafn. Sonst kimm i in Teufels Küche", hat a gsagt. Weil wann i da hingeh und da nit - es war wirklich gfährlich, aba des hab i nit realisiert. Mia is halt des Singa liaba gwedn.
Johann: Der is am liaban nit angstroaft mit die Nazi.
Maria: Ja, sicha, hat er ja nit deafn. Sonst hättn s´ ja ...
Johann: Ja, ja.
Ruth: Auf jeden Fall, irgendwann is der Krieg ...
Maria: Ausgewesen, ja. Dann is da Hauer Hansl hoamkemma.
Johann: A Fliega hat a amal gschossn auf di.
Maria: A Fliega hat a amal auf mi gschossn, ja. Da hand ma in da Wiese da gwedn, eigentlich Weg macha, also Stoan klopfn, Weg herrichten. Da Vatta und zwoa Deanstleut und i, ungefähr a fünfe, sechs Leit. Und dea muass si an Spaß gmacht hamm, weil andas kann i ma des nit erklärn. Wia mia da ganz friedlich den Weg herrichten, kimmt a Tiefffliega daher und fangt an ababöllan. Woaßt wia schnell mia da im Wald hiebei gwedn han. Ja, so a Jäger. Anfach mittn in d´ Wies schiaßt er aba.
Johann: Is des no während dem Kriag gwedn?
Maria: Des muass no während dem Krieg gwedn sein. Er hat nit troffn und nix. Vielleicht hat er a nit vorghabt, irgendwas zu treffen, nur derschrecka oder was. I kann ma des heit no nit erklärn. Aber jedenfalls ... so schnell, wia ma gar nit denkan kann, han mia in Trenngrabn dringlegn. Das war aba nua des oanzige Mal. Sonst hamma koane grauslichen Erlebnisse gehabt kriegsmäßig.
Ruth: Dann is der Krieg zu Ende gewesen, und dann is der Vater wieder nach Hause gekommen, am 24. Mai 1945, oder?
Johann: Oder am 23.
Ruth: Dann habts irgendwann amal tanzen glernt?
Maria: Ja, des warn dann die Anfänge. Da hatts dann so Bauantanz gebn. Des hat eh nur funktioniert mit ana Zieharmonika. Des war alls. Und dann hat ma halt gleant. Zum Beispiel bei uns waren im Fünfavierzgajahr so Flüchtlinge aus Ostungarn, rumänische Grenze, da, so Banatdeutsche oder was woaß i warns halt. De warn da bei uns. Und da war a Mädel dabei, so alt wia i. Und da war a Bua dabei, der war drei Jahr jünga. Und de hamm natürli recht guat tanzen kennen und warn a beide recht musikalisch. Sie hat a weng mitm Handgeigli ... Handgeigli hamm sie ´s gnennt, die Ziehharmonika - hats a weng gspielt, und mia hamm halt versucht ummadumhupfn da in da Stubn. Und a weng a paar Tanzschritte uns anzueignen. So hat des funktioniert. Da hats koa Tanzschual und nix gebn.
Ruth: Und du hast aber auch amal tanzen gelernt, wennst dann bei der Hochzeit getanzt hast.
Johann: Ja, ja, i hab scho tanzn glernt. Aba des is a so ... Bauerntanz. Bauntanz hamma scho hie- und da amal gehn deafn. Und dort hat ma halt a paar Tanzschritte probiert und ...
Ruth: Was heißt: Ma hat gehn dürfn. War das im Wirtshaus?
Maria: Na, des war in Bauernhäuser.
Johann: 45 und 46 hamms in die Bauernhäuser tanzt.
Maria: Oana is bald gwedn irgendwer, der a Ziehharmonika spieln hat kennt. Gitarren hats a bald a weng gebn. Es hat ja nit viel braucht. Mein Gott, a weng an Rhythmus hat ma bald ghabt.
Johann: Des waren irgendwelche Nachbarn.
Hans: Haben des die Russen gwußt?
Maria: Ja. Ja, de habn si oft sogar drunta gmischt.
Johann: Aba sie hamm si a zruckghaltn. Also, wanns gwisst hamm, dass s´ nit erwünscht han, hans a nit hinkemma.
Maria: Aba hie und da sans scho auftaucht.
Ruth: Aber es war nit verboten?
Maria: Na, na, es war nit verboten. Des war die oanzige Möglichkeit, in die Bauanhäusa zammzkemma.
Ruth: Und habts ihr euch da schon getroffen?
Maria: Seltn bis gar nia. Des war entan Berg. Und bei uns, mia hamm a amal oder zwoamal tanzt, nit öfta. Da warn eha von da Hofkirchna-Seitn die Buabn und die Leit da.
Johann: Also, dazua war zun Sagn, das schaut fuachtbar eanst aus. Aba damals hat ma si gsagt, wann ma a Vahältnis eingeht, muass mar a die Voraussetzung für die Gründung einer Familie hamm. Und des hab i einfach gsegn, dass i des nit hab. Weil i ja eigentlich netta a Hilfsschani gwedn bin in da Gemeinde. Und da hätt si eigentlich das Eingehen einer festen Bindung ... war einfach mia nit angstandn. Das hat scho a paar Jahr dauert, bis dass ma si, sagm ma, richtig entscheiden hat kennt.
Maria: Bis dass du amal auf feste Füaß gstanden bist.
Johann: Ja, bis dass i auf feste Füaß gstandn bin und dass i mi net schenieren braucht ha. D´ Schartner Mariedl hab i ja scho natürli gwißt, was s´ is und so. (Maria lacht). Aba i ha trotzdem ... und i bin a, sag ma, wann i irgend dienstlich z´ toan ghabt hab, s´ is alls freundlich gwedn.
Maria: Ja, des muass ma schon sagn, dass d´ scho mit an jeden Kaszedl selba gangen bist.
Johann: Ja, da hat ma mei ..., obwohl er eh Mobbing betrieben hat, der gute Vorgesetzte, der Kriegner, aber so an Zedl hie und da amal, beim Schartner zum Zuastelln, hat er ma scho oft in d'Händ gspielt.
Maria: Naja, 47, 48, 49 hats dann agfangt. Da hat si dann a a Theatergruppe gebildet, aus die ...
Johann: Aus die Ehemalinga.
Maria: Aus die Ehemalinga, damals in unsere Augen scho Aldn. De warn damals meistens zwischen vierzg und fuffzg oder so. Gstandene Manna, verheirate und etablierte Leit. De hamm früha in eana Jugend a viel Theatta gspielt und de hamm die damals jungen Leit wia mia, die Anfang der zwanzg gwedn han, de hamms wieda zur Gruppn zammgholt irgendwia, und da hamma Theatta gspielt, und des war wirkli a recht a schene Zeit. Des muass i sagn.
Ruth: Und das war im Wirtshaus.
Johann, Maria: Ja, ja.
Ruth: Und das war Ende der Vierzigerjahre.
Maria: Ja, ja, 47 war des ...
Johann: 47 hab i auf der Gemeinde angfangt, und des war vielleicht 48, 49, 50 ummanand.
Ruth: Und da seids ihr beide gwesn und habts euch dann schon angschaut?
Maria: Da hamma uns dann scho gsegn. (Lacht)
Johann: Mehr wia gsegn hamma uns eh a nit!
Maria: Mehr wia gsegn hamma uns eh a nit!
Johann: Des hätt ma den Leit verübelt, wenn zwoa da besondas zammzogn hättn sozusagen.
Maria: Naja, aber ...
Johann: Aba mia hamm uns eh nix zum Sagn ghat.
Maria: Mia hamm scho was zum Sagn ghat, o ja. Was Hoamlichs hamma zum Sagn ghat.
Ruth: Irgendwie müssts ja dann zusammenkommen sein. Irgendwann müssts dann schon was gredet habn.
Maria: Ja, hamma scho.
Ruth: Sonst hättets euch ja nit zum Heiraten entschlossen.
Maria: Mia hamm uns halt denkt, oans von dem andan: „Na ja, des war eigentlich ganz recht. Da hätt mas amal nit schlecht. So wia dea ausschaut." Hab i ma halt denkt.
Ruth: Und du hast dir das a denkt?
Maria: Und i ha ...
Johann: Ja, i hab gwißt ...
Maria: I hab mi fürn Baun-Hansl entschiedn - obwohl i a paar echte Baun hamm hätt kenna, aba de wollt i nit, de wollt i einfach nit - hab i mi für den entschieden, der weniga ghat hat.
Johann: Na, i bin ziemli zammgschlagn gwedn nachm Kriag. Des hab i vielleicht selba gar nit so mitkriagt, aber i bin nit gsund gwedn. I ha nervlich scho sozusagn z´ toan ghabt, obwohl eigentlich ganze Arbeit verlangt wordn is vo mir. Und, na ja, dort is ma a überall dabei gwedn ...
Ruth: Und dann hat dir eben die Mutter gfalln ...
Johann: Ja, de hat ma scho gfalln, ja ...
Ruth: Dann bist ja auch mit die verschiedenen Zetteln manchmal hingangen ...
Johann: ... und hab die Familie kennengleant, die i eh scho kennt hab (lacht).
Maria: Ja, und des is a so gwedn: Wenn mia am Feld draust garbeit habn und zwoa in den Hofkirchinga Feld, da hat ma genau auf d´ Strass hingsegn, die von Hofkircha ausageht. Und wann da oana a Fahrradl da ausagschobn hat, da hab i genau gwißt auf an Kilometta Entfernung, wea dea is. I han ihn geh scho kennt (lacht).
Johann: Ja, es wird nit um viel andas gwedn sein wies bei andane Leit a is, wann si si kennenleanen.
Maria: Und wann in an Sonnda auf d´ Nacht d´ Haustüaglockn ...
Hans: Hast da nit eh fahrn kennen da von Hofkirchen ausa?
Maria: Na, mit dem Radl, des dea ghat hat, nit. Des hat ma scho liaba gschobn, des war z´ stoak gwedn. Und am Sonnda auf d´ Nacht, wann da die ober Haustüaglockn gangen is, dann han i a scho ganz genau gwisst, wer jetzt draußt is.
Ruth: Du bist dann am Sonntag abend auf Besuch gangen?
Johann: Ja.
Maria: Genau.
Ruth: Seids dann no spazieren gangen?
Johann: Meistens am Tisch beinand gsessn, ihre Brüada dabei.
Maria: Sand no alle dahoam gwedn.
Johann: Der Lois is recht a Mundwerk, recht a Dings gwedn, und da is oft recht lusti abagangen.
Maria: Ja, is oft a rechte Gaudi gwedn.
Ruth: Und irgendwann hast dann um die Hand angehalten?
Johann: Hab i a amal, ja.
Maria: Irgendwann hat er in Vattan a fragn müassn, obs eam eh recht war.
Ruth: Und hats keine Probleme gebn?
Maria: Eigentlich nit, na ... Af oans erinna i mi aba scho. Gfragt hat er di scho, obs dass s´ denn eh dahalten kennats.
Johann: Na, des kann i mi nit erinnan. I moan, des hat er nit ta.
Maria: Oder so was in dea Richtung.
Johann: Na, i moan, des hat er nit ta.
Ruth: Auf jeden Fall habts dann das Haus gebaut.
Maria: Ja, des hamma agfangt. Is nit unsa Häusl des erschte gwedn auf da Broatwies, des allaerschte?
Johann: Des Lindorfer is scho gstandn.
Ruth: Das hat dann a paar Jahre wieda dauert.
Maria: Zwoa Jahr etwa.
Johann: Ja, ja. Und danach hamma a no z´ toan ghat.
Maria: Ferti is ´s ja lang nit gwedn wia ma einzogn san.
Johann: Vor allen Dingen mit die Rechnungen ....
Maria: San ma nit fünf Jahr drin gwedn?
Johann: Na, von 52 bis 56.
Ruth: Auf jeden Fall is dann das Haus gebaut wordn ...
Maria: Und dann is die Geschichte ernst wordn.

Das Gespräch fand am 9. und 10. März 2002 in Rohrbach statt.


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