Ruth Linhart | Dissertation | Gedichte


Gedichte von Ishikawa Takuboku

Übersetzt von Ruth Linhart

Lange Gedichte (Shi)

Die Gedichte "Ie (Das Haus)" und "Hikôki (Flugzeug)" sind die letzten längeren Gedichte , die Takuboku vor seinem Tod schrieb, und zwar "Das Haus" am 25. Juni und "Flugzeug" am 27. Juni 1911.

 

Das Haus

 

Auch als ich heute morgen die Augen aufschlug,
sehnte ich mich auf einmal nach einem Haus, das ich mein Haus nennen könnte,
auch während ich mir das Gesicht wusch, dachte ich verschwommen daran und nun, da ich von der Arbeit nach Hause zurückgekehrt,
den Tee nach dem Abendessen schlürfe und eine Zigarette rauche,
schwebt im vertrauten Geschmack des violetten Rauchs
plötzlich wieder flüchtig dieses Bild in mein Herz -
flüchtig und traurig.

Als Ort würde ich einen Platz nicht weit von der Eisenbahn wählen,
am Rand des Heimatdorfes, daheim, wo mir leicht ums Herz ist.
Ein hübscher Holzbau im westlichen Stil,
es bräuchte nicht hoch und könnte auch ganz schmucklos sein,
wenn es nur eine breite Treppe, einen Balkon und ein helles Studierzimmer hätte ...
und dazu noch bequeme Stühle.

Wie oft habe ich in all den Jahren an dieses Haus gedacht!
Jedesmal, wenn ich daran denke, verändere ich die Anordnung
der Zimmer, die ich mir im Herzen ausmale, ein bißchen.
Die Augen ziellos auf den schneeweißen Lampenschirm gerichtet,
stelle ich mir lebhaft vor, wie wunderbar es wäre, in diesem Haus zu wohnen.
Während meine Frau dem weinenden Kind die Brust gibt
und sich dabei in eine Ecke des Zimmers wendet,
steigt in diesem Glück um den Mund flüchtig ein Lächeln auf.

Ja, der Garten soll groß sein und dicht mit Gras bewachsen.
Welches Vergnügen, wenn im Sommer der Sommerregen
geräuschvoll auf die kräftigen Grashalme niederprasselt!
Und dann möchte ich in einer Ecke einen großen Baum pflanzen
und eine weißgestrichene Holzbank auf seine Wurzeln stellen -
An Tagen, an denen es nicht regnet, gehe ich dort hinaus
und während ich eine heftig qualmende und köstlich duftende ägyptische Zigarette rauche,
schneide ich die Seiten der neu erschienenen Bücher auf,
die mir alle paar Tage vom Maruzen* geschickt werden,
kann sein, dass ich einnicke, bis ich zum Essen gerufen werde,
oder ich muss den versammelten, mit weit geöffneten Augen
begeistert zuhörenden Dorfkindern verschiedene Geschichten erzählen ...

Flüchtig und traurig,
ist dieser Gedanke einmal ins gehetzte Herz des Stadtbewohners geschwebt,
der irgendwann von den Tagen der Jugend Abschied nimmt,
und erschöpft ist von den Sorgen ums Überleben, Monat für Monat,
flüchtig und traurig,
aber vertraut und zu kostbar, um für immer darauf zu verzichten,
und obwohl ich weiß, dass er wie zahllose unerfüllbare Wünsche völlig sinnlos ist,
starre ich mit einem Blick, wie in jungen Tagen, wenn ich ohne, dass es jemand wußte, verliebt war,
und ohne selbst zu meiner Frau davon etwas zu sagen, auf den schneeweißen Lampenschirm,
und allein und heimlich und voll Eifer denke ich in meinem Herzen weiter daran.

 

Ie

 

Kesa mo, futo, me o sameshi toki,
waga ie to yobubeki ie no hoshiku narite,
kao arau ma mo sono koto o sokohakatonaku omoishi ga,
tsutomesaki yori ichinichi no shigoto o oete kaerikite,
yûge no nochi no cha o susuri, tabako o nomeba,
murasaki no kemuri no aji no natsukashisa,
hakanaku mo mata sono koto no hyotto kokoro ni ukabikuru -
hakanaku mo mata kanashiku mo.

Basho wa tetsudô ni tôkaranu,
kokorookinaki furusato no mura no hazure ni erabitamu.
Seiyôfû no mokuzô no sappari to shita hitokamae,
takakarazu to mo, sate wa mata nan no kazari no naku tote mo,
hiroki kaidan to barukon to akaruki shosai ...
geni sanari, suwarigokochi no yoki isu mo.

Kono ikutose ni ikutabi mo omoishi wa kono ie no koto,
omoishi goto ni sukoshizutsu kaeshi madori no sama nado o
kokoro no uchi ni egakitsutsu,
ramupu no kasa no masshiroki no mazamaza miyuru kokochi shite,
naku ko ni soeji suru tsuma no hitoma no sumi no achira muki,
so o saiwai to kuchimoto ni hakanaki emi mo noborikuru.

Sate, sono niwa wa hiroku shite, kusa no shigeru ni makasetemu.
Natsu to mo nareba, natsu no ame, onogajishi naru kusa no ha ni
oto tatete furu kokoroyosa.
Mata sono sumi ni hitomoto no taiju o uete,
shironuri no ki no ko koshikake o ne ni okamu -
ame furanu hi wa soko ni dete,
kano kemuri koku, kaori yoki Ejiputo-tabako fukashitsutsu,
shigonichi oki ni okurikuru Maruzen yori no shinkan no hon no peiji o kirikakete,
shokuji no shirase aru made o utsurautsura to sugosubeku,
mata, kotogoto ni tsubura naru me o mihirakite kikihoruru
mura no kodomo o atsumete wa, iroiro no hanashi kikasubeku ...

Hakanaku mo, mata kanashiku mo,
itsu to shimo naku wakaki hi ni wakarekitarite,
tsukizuki no kurashi no koto ni tsukareyuku,
toshi-kyojûsha no isogashiki kokoro ni ichido ukabite wa,
hakanaku mo, mata kanashiku mo,
natsukashiku shite, itsu made mo sutsuru ni oshiki kono omoi,
sono kazukazu no mitasarenu nozomi to tomo ni,
hajime yori munashiki koto to shirinagara,
nao, wakaki hi ni hito shirezu koi seshi toki no metsuki shite,
tsuma ni mo tsugezu, masshiro naru ramupu no kasa o mitsumetsutsu,
hitori hisoka ni, nesshin ni, kokoro no uchi ni omoitsuzukuru. (TZ 1:231-231)



 

Das Flugzeug

 

Schau! Auch heute fliegt ein Flugzeug
hoch oben am blauen Himmel.
Der Junge, als Laufbursche angestellt,
ist an einem seiner seltenen freien Sonntage
nur mit seiner lungenkranken Mutter zu Hause,
und, fleißig vertieft in sein Englischbuch, hat er schon ganz müde Augen ...

Schau! Auch heute fliegt ein Flugzeug
hoch oben am blauen Himmel.


Hikôki

 

Miyo, kyô mo, kano aozora ni
hikôki no tataku toberu o.
Kyûjizutome no shônen ga
tama ni hiban no nichiyôbi,
haibyô yami no hahaoya to tatta futari no ie ni ite,
hitori, sesseto riidâ no dokugaku o suru me no tsukare ...

Miyo, kyô mo, kano aozora ni
hikôki no takaku toberu o. (TZ 2:232)


* Maruzen ist der Name einer auf ausländische Bücher und Zeitungen spezialisierten Buchhandlung.


Die Gedichte sind der folgenden Gesamtausgabe der Werke Ishikawa Takubokus entnommen: Takuboku zenshû, 2. Bd., insgesamt 8 Bde. hrsg. von Kindaichi Kyôsuke, Toki Zenmarô, Ishikawa Masao, Odagiri Hideo, Iwaki Yukinori, Verlag Chikuma Shobo, Tôkyô, 1967-1968



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